Die frage der Ungarn-Flüchtlinge von 1956 in Iserlohn. Quellensammlunk - A Szabolcs-Szatmár-Bereg Megyei Levéltár Kiadványai II. Közlemények 35. (Nyíregyháza, 2006)

Götz Bettge: „Iserlohn will Ungarn-Flüchtlingen helfen"

Flüchtlingen aus dem Auffanglager in Bocholt berichtet. Nach diesem Be­richt sollten 15 Personen in Letmathe 4 bei einer Gleisbaufirma beschäftigt werden und weitere 38 Personen sollten in Hemer 5 untergebracht werden und dort auch einen Arbeitsplatz erhalten. Nach diesem Zeitungsbericht be­fanden sich im Lager Bocholt, dem zentralen Auffanglager für das Bundes­land Nordrhein-Westfalen über 2200 Flüchtlinge, darunter vor allem Männer im Alter von 35-50 Jahren. Es war keineswegs fehlende Hilfsbereitschaft, dass im Raum Iserlohn nur eine vergleichsweise geringe Zahl von Flüchtlingen aufgenommen wurde. Es fehlte vor allem an Wohnraum in den Städten und Gemeinden. Elf Jahre nach Ende des II. Weltkriegs zählten Wiederaufbau und Wohnungsbau zu den wichtigsten Aufgaben des Staates. Betrachten wir in diesem Zusammenhang die Wohnungssituation in Iserlohn: Die Stadt wurde nicht flächendeckend bombardiert und nur vereinzelt aus der Luft angegriffen, so dass der Ge­bäudeschaden durch Kriegseinwirkungen gering blieb. Diese günstige Situa­tion wurde jedoch für die Stadt zum Problem. Neben der erzwungenen Auf­nahme militärischer Dienststellen durch amerikanische bzw. englische Ein­heiten wurden immer wieder Flüchtlinge, Vertriebene und sonstige Heimat­lose zugewiesen. Die Einwohnerzahl Iserlohns lag Mitte der 1950er Jahre bei 51 300, davon waren rund 11 300 Personen Vertriebene bzw. Flüchtlinge. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung betrug somit 22%. 6 Nach einem Zeitungs­bericht fehlten im November 1956 noch 453 Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingsfamilien. 7 Erst Anfang der 1960er Jahre entspannte sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt und die bis dahin bestehenden Notunter­künfte konnten aufgelöst werden. Trotz dieser schwierigen Lage erklärte sich die Stadtverwaltung nach einge­hender Prüfung bereit, Wohnraum in Notunterkünften für 30 Ungarn-Flücht­linge zur Verfügung zu stellen. 8 Unmissverständlich wurde jedoch auch ein Entgegenkommen staatlicherseits in dieser Angelegenheit gefordert, es heißt dazu in der schon erwähnten Sitzung des Ältestenrats: „Die Belegung dieser 4 Die Stadt Letmathe grenzt im Westen an Iserlohn, seit 1.1.1975 ist Letmathe ein Stadt­teil Iserlohns. 5 Die Stadt Hemer grenzt im Osten an Iserlohn 6 O. Witte, Vertriebene und Flüchtlinge, ihre Eingliederung und Verschmelzung, in: Heimatbuch 1982, S. 54-59 7 Tageszeitung „Westfalenpost" vom 6.11.1956 8 Sitzung des Ältestenrats vom 29.11.1956. Mitglieder des Ältestenrats waren der Ober­bürgermeister, die Fraktionsvorsitzenden sowie leitende Beamte der Stadtverwaltung.

Next

/
Thumbnails
Contents