Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Übersicht - II. Medaillonkacheln - b. Mariä Verkündigung, Verkündigungsengel

sammenstellung eines Negativs wurden verschiedene Modellteile zusammenge­fügt: für Variante B hat der Hafnermeister ein größeres, rollbandverziertes, für C ein etwas kleineres, leeres Medaillon gewählt. Außer den von uns aufgenommenen (Abb. 97-101, 103) sind aus der Literatur einige weitere Verkündigungsengel bekannt. Am häufigsten wird eine unglasierte Kachel zitiert, die im süddeutschen Kunsthandel erworben wurde und im Ham­burger Museum für Kunst und Gewerbe aufbewahrt wird. 193 Obwohl Konrad Strauss sie mit den Engeln vom Lindenhof für identisch hält 194 , wollen wir im späteren erörtern, daß sie ganz bestimmt mit einem anderen Model gefertigt wurde. Eine ähnliche, aber grünglasierte Kachel (Fundort: Küserburg) befindet sich im Landesmuseum in Karlsruhe; dem kundigen Auge fällt sofort auf, daß ihre Größe (19 x 19 cm) mit der Variante B übereinstimmt. 195 Auch einige winzige - im folgenden noch zu behandelnde - Elemente ihres Reliefs weisen darauf hin, daß sie ebenfalls dieser Variante zugeordnet werden kann. Anhand ihrer Beschreibung haben der Verkündigungsengel aus dem Schloß zu Neuen­burg 196 und wahrscheinlich auch das Bruchstück von Valangin (NE) 197 gleich­falls dieser Variante angehört. Schließlich ist auch im Städtischen Museum zu Augsburg ein hierher gehöriges, grünglasiertes Bruchstück registriert. 198 Im Ge­gensatz zu den eben erwähnten steht eine Engelkachel aus dem Aareaushub in Solothurn eher der Variante C nahe. 199 Zur Variante D (Abb. 101) haben wir weder im süddeutschen noch im ungarischen Fundmaterial Analogien gefun­den: diese Darstellungsweise der Verkündigung (der Engel war in der Ofenwand auf die rechte Seite der Variante D der Marienkacheln gesetzt) erwies sich auf Ofenkacheln als einzigartig. Die Engelfigur selbst kommt jedoch in Kenntnis eines Kupferstiches des Meisters E.S. (Die Verkündigung; Abb. 102) 200 bekannt vor, obwohl sich ein eindeutiges Vorlage-Nachschöpfungsverhältnis daran nicht ablesen läßt. In Kenntnis der relativ großen Anzahl an Nachschöpfungen der Marienka­cheln überrascht es, daß das Nachbilden von Verkündigungsengeln mit Funden kaum belegt ist. Der einzige Fund ist eine leicht gestreckte Blattkachel aus der Burg Bosenstein im Schwarzwald, auf der sich der Engel unter einem drehband­verzierten Halbkreisbogen der auf ihrem Pendant, der oben beschriebenen Ma­rienkachel, abgebildeten Jungfrau offenbart. 201 Im Vergleich zu diesem schweizerischen Kachelinventar weist die ungarische Analogie (Abb. 104) bemerkenswerte Unterschiede auf: — Die Scherbe, Engobe und Glasur der beiden haben wir schon früher vorge­stellt. — Sowohl das ganze Vorderblatt als auch die einzelnen Details der Verzierung der ungarischen Kachel sind größer, haben schärfere Konturen, sind feiner mo­delliert. So müssen wir noch einmal unterstreichen, daß es sich hier um ein quali­tätsvolleres Produkt handelt als bei einer jeden ihrer schweizerischen Parallelen. — Ihr Vorderblatt ist leicht gebogen, während die schweizerischen Kacheln alle eine gerade Vorderplatte haben. — Der kurze, hinten „krempenartig" ausgezogene Rumpf gilt in der Schweiz als unbekannt. — Selbst in der Verzierung lassen sich zwei scheinbar belanglose, für uns jedoch vielsagende Unterschiede beobachten. Der Meister der schweizerischen Kacheln bzw. ihrer Model hat einen „orthographischen Fehler" begangen, als er das Trennungszeichen zwischen „gracia" und „plena" aussparte; demgegenüber ist dieses Trennungszeichen auf der Kachel von Buda schön und eindeutig geformt. Ferner sieht man auf der letzteren im Inschriftenmedaillon, vor dem

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