Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Übersicht - I. Produkte der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten und verwandte Kacheltypen - b. Baumbewachende Löwen

Löwenkacheln, die sich alle auf Variante A zurückführen lassen, aber inner­halb dieses Rahmens unterschiedliche typologische Ausfertigungen repräsentie­ren, stammen von einem weiteren Fundort in Slowenien, aus Cilii (Celje). Den Ori­ginalprodukten der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten am nächsten steht eine grünglasierte 132 und eine unglasierte 133 quadratische Blattkachel, auf denen sowohl der felsige Untergrund als auch die kleine antropomorphe Figur unter der vorderen Eiche gut erkennbar sind. Vielleicht gehen wir nicht fehl in der Annahme, wenn wir die erste als eine einfache Kopie der Variante A und die zweite als die Kopie der ersten betrachten. Auch in der slowenischen Fachliteratur wird betont, daß zwar die Kacheln selbst lokale Produkte, ihre Model aber fremden Ursprungs sind. 134 Eine weitere quadratische, unglasierte Blattkachel aus Cilli wird im Grazer Jo­anneum aufbewahrt. Ihr Rand ist bestoßen, die zentrale Komposition aber im Grunde genommen unversehrt. Dargestellt wird darauf in derber, rustikaler Mo­dellierung der wohlbekannte Löwe mit den zwei Bäumen, wobei das unter der vorderen Eiche sitzende Männlein fehlt. Aufgrund der Veränderung einiger Ver­zierungselemente meinen wir, daß es hier nicht mehr um eine Kopie, sondern um eine Nachschöpfung geht; dafür wurde unter Verwendung einer Originalka­chel der Variante A als Vorlage ein neues Negativ geschnitzt. 135 Aus der Fachlite­ratur ist uns vom gleichen Fundort noch eine unglasierte, quadratische Blattka­chel bekannt, die sich im Städtischen Museum von Cilli befindet. Ihr kleines Mit­telfeld wird von einem breiten, auf beiden Seiten von je einem plastischen Stab begrenzten Streifen mit gotischem Rankenastdekor umrahmt, der eigentlich nicht schmaler ist als das Mittelfeld selbst. Im quadratischen Innenfeld, von einem weiteren, aber schon wesentlich schmaleren Rankenastrahmen umgeben, ist der baumbewachende Löwe mit einer zweiten Eiche, aber ohne die unter dem vorderen Baum sitzende Figur untergebracht. 136 Die Verzierung dieser mittleren Partie scheint mit der vorigen Kachel aus derselben Stadt in allen wesentlichen Punkten identisch zu sein, auf letztgenannter ist jedoch der äußere breite, pla­stisch modellierte Rankenastrahmen nicht vorhanden. Anhand von Fotos konnten wir nicht eindeutig entscheiden, ob das Innenfeld beider Kacheln dem gleichen Model entstammt oder aber das Mittelfeld des in Cilli aufbewahrten Exemplares mit einem von der in Graz befindlichen Kachel abgenommenen Negativ gepreßt wurde. Sicher ist nur, daß der Rahmen im zweiten Fall erweitert wurde - wohl, weil man eine größere Kachel erhalten wollte (um die Brenn­schwindung, die gerade dem Kopieren zu verdanken war, zu eliminieren?). Beide Kacheln können ins späte 15. Jahrhundert gesetzt werden. Hier müssen wir noch kurz zu den Kopien der baumbewachenden Löwen zu­rückkehren, denn eine Kachel aus einem Wohnhaus des Dorfes Nyársapát gehört ebenfalls dazu (Abb. 66). Ihr vermutlich quadratisches, primitiv durch­brochenes Vorderblatt ist fragmentarisch, die hintere Eiche abgebrochen. Die verschwommenen Konturen ihres Reliefs weisen darauf hin, daß ihr Model von einer glasierten Kachel, und zwar eher von einer der Variante B abgeformt wurde. (Das Männlein ist darauf jedenfalls nicht vorhanden.) Daneben muß her­vorgehoben werden, daß die Kachel hellgelb, grün und rotbraun glasiert ist, ferner, daß die gelbe Glasur bereits einen hohen Zinngehalt aufweist; offenbar hat der Ofenhafner versucht, Zinnglasur herzustellen. Aufgrund des Stils und der Ausführung der Kachel dürfte er ein ländlicher Meister gewesen sein, der sich das Gewerbe - die Glasurtechnik inbegriffen - in einer zentralen Werkstatt angeeignet hatte, von welcher auch das Motiv stammt. Sein technisches Können aber war von niedrigem Niveau, seine Glasuren sind blaß und leicht abgeplatzt. Die Kachel wird ans Ende des 15. Jahrhunderts gesetzt. 137

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