Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Übersicht - I. Produkte der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten und verwandte Kacheltypen - a. Rosettenkacheln

ÜBERSICHT I. Produkte der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten und verwandte Kacheltypen a. Rosettenkacheln Es muß hier nicht ausführlich bewiesen werden, inwieweit die Rosette als Symbol Maria, von Reinheit und Keuschheit, sowie mit ihren fünf Blättern als Sinnbild der fünf Wunden Christi 14 in der Kachelkunst wie auch in allen anderen Kunst­arten, von der Baukunst bis hin zu den Kleinkünsten, verbreitet war. Seit einiger Zeit ist auch bekannt, daß sich ein Typ der Rosettenkacheln - der laut mähri­scher und slowakischer Forschung von oberrheinischem Ursprung ist 15 - einer auffallend weitreichenden Verbreitung erfreut hat, war er doch vom Oberrhein­gebiet über den Bodenseeraum bis hin zum mittelalterlichen Böhmen, Mähren und Ungarn überall aufzufinden. Diesen Typ nennen wir im weiteren oberrhei­nischen oder fünfblätnigen, da sich darauf jeweils fünf kleinere und fünf größere Blütenblätter kreisförmig um den Fruchtknoten gruppieren. Mit letztge­nannter Bezeichnung möchten wir zugleich den Unterschied zwischen dem oberrheinischen, fünfblättrigen Typ und den sog. vielblättrigen Rosetten unter­streichen. Diese haben - wie darauf auch ihr Name hinweist — viele Blätter, die auf ähnliche Weise in konzentrischen Kreisen angeordnet sind. Sie waren auf dem Gebiet des mittelalterlichen Ungarn ziemlich weit verbreitet 16 , wobei sie sich außerhalb der Grenzen des Landes - und so auch auf dem Gebiet der heuti­gen Schweiz 1 ^ - als völlig unbekannt erwiesen. Dementsprechend können sie für Produkte ungarischer Werkstätten gehalten werden. Ihre chronologische Einord­nung stimmt zum Teil mit der der fünfblättrigen Rosetten auf ungarischem Boden überein (letztes Viertel des 15. Jahrhunderts), ihre Spuren jedoch sind bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts hinein zu verfolgen. 18 Wenn wir nun das umfangreiche Inventar der von uns katalogisierten fünfblätt­rigen Rosetten in der Schweiz (Abb. 1-27) ins Auge fassen, lassen schon ihre große Anzahl und ihre typologische Mannigfaltigkeit vermuten, daß sie in meh­reren Werkstätten hergestellt wurden. So ergab sich vorab die Aufgabe, diese Werkstätten zu identifizieren und ihre Verbindungen klarzustellen. Außer den herkömmlichen Aspekten haben wir hier versucht, einen weiteren in Betracht zu ziehen: das Vorhandensein bzw. Fehlen der winzigen Rosetten unter den Eckblät­tern. Da sie aber z.B. von den zwei mit demselben Model gepreßten Exemplaren der Variante J nur auf dem einen zu entdecken waren, mußten wir uns damit ab­finden, daß sie bei einem typologischen Vergleich dieser Art weniger aussagekräf­tig sind. Man hatte sie nämlich eingestempelt, allerdings nie in die Kachel, sondern ins Negativ, denn sie heben sich von der Kacheloberfläche ab. Diese Be­obachtung kann nur damit erklärt werden, daß der Ofenhafner den Kachelmo­del nachnäglich leicht verändert hat. Der Vergleich der Rümpfe erbrachte ebenfalls wenig. Eigentlich nur soviel, daß in Zürich und seiner Umgebung eine Form üblich war, deren hinterer Rand bandartig nach außen verdickt wurde. 19

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