Valter Ilona szerk.: Entz Géza Nyolcvanadik születésnapjára Tanulmányok (Művészettörténet - műemlékvédelem 2 Országos Műemlékvédelmi Hivatal, 1993)

Marosi Ernő: Barátságos arcok. Néhány középkori fej értelmezéséhez és értelmezés módszeréhez

Freundliche Gesichter Zur Deutung einiger mittelalterlicher Köpfe und zur Methode der Deutung Marosi Ernő Den Ausgangspunkt bildet ein Vergleich des Kopfes des Bronzedavids von Andrea Verrocchio (Florenz, Bargello) mit dem Gesicht des Verkündigungsengels im Gewände des mitüeren Westportals der Ka­thedrale von Reims, der dem Josephs-meister zugeschrieben wird. Aus der Parallele ergibt sich die Tatsache, daß physiognomische Formeln, die um 1230/40 in die go­tische Skulptur eingeführt wurden, als spezielle Ausdurcksformeln auch in der Quattrocentokunst ihre Verwendung fanden. Mimische Ausdrucksmittel der Gotik bilden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts eine kontinuierliche Tradition und selbst die berühmten Charakterstudien F. X. Messerschmidts sind sowohl für Deutung als auch für Beschreibung gotischer Bildwerke von Bedeutung. Man begegnet im spärlichen Material ungarischer figürlicher Skulptur aus dem 13. Jahrhundert keine Spuren der Rezeption hochgotischer Skulptur der Stufe von Reims bzw. Bamberg und Naumburg. Das einzige diesbezügliche Stück, das Fragment eines Verkündigungsengels aus der Pfarrkirche Unserer Lieben Frau zu Buda, gehört einer früheren Entwicklungsstufe an, und Skulpturen des 14. Jahrhunderts (hölzerne Madonnenfiguren oder die Fragmente des Reli­quiengrabmals der Heiligen Margarethe von Ungarn aus dem Umkreis des Tino di Camaino) zeugen von verschiedenen Vermittlungswegen. Das Haupt der Prager Georgsstatue von 1373 der Gebrüder Martin un Georg von Kolozsvár stellt auch verschiedene, die Physiognomie betreffende Fragen. Bereits Jolán Balogh wies 1934 auf die Verwandtschaft zwischen dem Gesicht des heiligen Ritters und der Bronzefigur des Erzengels Michael der Orvietaner Dom­fassade hin. Beiden liegt eine Formel des Habitus und der Haartracht der Erzen­gelsfiguren zugrunde. Der Kopftypus läßt sich in der Trecentokunst Toskanas bis zum Ende des Jahrhunderts verfolgen, wobei sowohl die Frühwerke des jungen Donatello (Marmordavid, Florenz, Bargello, jüngst nachgewiesene David-Relief am Silberalter in S. Jacopo/Pistoia) als auch Statuen des Nanni di Banco (Philip­pus, Florenz, Or San Michèle) in Betracht kommen. Eine Vermittlerrolle zu älterer toskanischen Tradition der Generation nach Orcagna, zu der die Orvieta­ner Michaelsfigur auch gehört, scheinen diejenigen Meister - besonders Giovan­ni d'Ambrogio - gespielt zu haben, deren Tätigkeit sich an Arbeiten an der Porta della Mandorla des Doms zu Florenz knüpft. Einen besonderen Zug des Prager Georgshauptes stellen die Runzeln an der Stirn des Ritters dar, die keineswegs als Indizien für eine stilkritische Beurtei­lung, sondern ebenfalls als Ausdrucksmittel für eine Inhaltsdetung gegeben sind. Es scheint, da sie aus der Physiognomie des Löwen stammen, die in der Phy­siognomischen Literatur des Mittelalters (u.a. dem vielgelesenen Secretum secreto­rum) eine vornehme Rolle spielt. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Behandlung desselben Details auf dem Büstenreliquiar des Hl. Ladislaus (Kathedrale Győr), die oft als Grundlage zu einer - u.E. irrtümlichen - Zuschreibung dieses Reli­quiars an die Gebrüder Martin und Georg von Kolozsvár betrachtet wurde, ist ebenfalls auf diese Ikonographie zurückzuführen. Selbst Legendentexte schrei­ben dem Hl. Ladislaus eine fisionomia leonis zu.

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