Magyar Műemlékvédelem 1963-1966 (Országos Műemléki Felügyelőség Kiadványai 4. Budapest, 1960)

Tanulmányok - Voit Pál: Martin Wittwer, a győri karmelita templom építésze (Adatok a dunai barokk építőiskola magyarországi kapcsolataihoz)

davon daß, die Pläne ihrer Kirche von Bruder Athana­sius, dem aus Tirol stammenden Architekten namens Martin Wittwer, entworfen wurden. Er leitete auch die Bauarbeiten, und glücklicherweise sind die Origi­nalpläne unter den Schriften der Győrer Karmehten auch erhalten geblieben. Die Person, die Tätigkeit und der Lebenslauf vVittwers sind für die Bautätigkeit und die künstlerischen Methoden in der Barockzeit kenn­zeichnend und beleuchten zugleich auch die Beziehungen der letzteren zu der zeitgenössischen Bautätigkeit in Mitteleuropa. Nach schriftlichen Quellen wurde Witt­wer am 23. Okt. 1667 in Imst als Sohn einer armen Bauernfamilie geboren. Er begann als Landarbeiter, wurde dann Maurergeselle und kam während seiner Wanderjahre nach Prag. Dort verschaffte ihm ein Lands­mann, der gleichfalls aus Imst gebürtige Karmeht Jo­hann Martin Pass, mit Ordensnamen Ignatio di Giesua oder Frater Ignatius a Jesu, Arbeit am Kirchenbau der Frager Karmehtinnen. Johann Martin Rass leitete als Beauftragter des Ordens die Bauarbeiten der Kirche, <leren Pläne, wie aus der Monographie Morpers bekannt ist, von Jean Baptiste Mathey, den man nach seinem Heimatland auch Matteus Burgund us nannte, ent­worfen wurden. Die F^assade der Prager Hl. — Josephs­Kirche weist auf nordfranzösische und belgische Vor­bilder hin, ihr eigenartiger Portalabschluß tritt erstmalig am Portikus des Rubenshauses in Antwerpen auf (Abb. 274—276). Das Portal kam, vielleicht durch die Vermittlung von J. M. Rass, der, wie bekannt, auch in Ungarn tätig war, nach Győr, wo es die Fassade des Ordenshauses der Jesuiten schmückt (vgl. Wagner­Rieger, a. a. W.). Möglich ist auch, daß das die Jahreszahl 1667 tragende Portal das Werk des aus Győr gebürtigen Prager Steinmetzen FYancesco Torre ist, der 1667 anläß­lich des Todes seines Bruders Giacomo Torre, der damals die Bauarbeiten am Ordenshaus der Jesuiten in Győr lei­tete, seine Heimatstadt aufgesucht hatte (Abb. 277—279). Demzufolge waren Rass oder Torre bereits damals jene Vorbilder bekannt, welche Mathey 1682 in den Plänen der Prager Kirche nachgebildet hatte. Der Grund- und Durchschnittriß der Prager Kirche ist uns aus der in der Albertina in Wien aufbewahrten Zeichnung des Fischer von Erlach bekannt (Abb. 272). Diese komplizierte Frage wurde von Morper aufgeklärt: Fischer von Erlach zeichnete in Rom, im Atelier des päpstlichen Ingenieurs Abraham Paris, eine Kopie der Pläne Matheys, die letz­terer zwecks Überprüfung seinem Landsmann Paris übersandt hatte. Die Prager Hl. — Josephs-Kirche wurde 1691 beendet. Eine Variante des Fassadenent­wurfs kam bei den Linzer Karmelitern zum Vorschein. Der Plan stammt zweifelsohne von Mathey oder ist eine Kopie seines Planes und wurde 1690 angefertigt (Abb. 280). Nach H. G. Franz steht die plastische, italienisch anmutende Formgebung der Prager Fassade dem Stil Matheys fern. Die Linzer flächenartige Komposition läßt sich jedoch unseres Erachtens in sein Oeuvre gut einfügen (Abb. 274—281). Eine ähnliche Kopie fertigte Mathey auch für die Grazer Karmehtinnen an. Wahr­scheinlich hatte J. M. Rass, d. h. Ignatius de Jesu, die Pläne Matheys nach Linz mitgenommen, wo er bei der Grundsteinlegung der Linzer Kirche (1690) zugegen war. Die Arbeit von J. M. Rass in Prag wurde von Martin Wittwer weitergeführt, der 1695 in den Karmeliterorden eintrat; später sandten ihn seine Vorgesetzten nach Linz, wo die Kirche nach dem 1694 erfolgten Tod von Rass „halbfertig stand". Der Chronist berichtet, daß Wittwer seine Kunst „erstmalig an der Linzer Kirche des Ordens" demonstrierte. Die noch heute stehende Fassade der Linzer Kirche, in der die nordische und in dieser Gegend fremdartig anmutende Formenwelt Matheys bereits umkomponiert ist, stellt demnach ein Werk Martin Wittwers dar. J. M. Prunner nahm an den Bauarbeiten vermutlich erst ab 1710 über seine Maurermeister als ausführender Unternehmer teil (Abb. 281 und 283). Das gleiche gilt für Prunners Teilnahme am Bau der Hl. — Theresien-Kirche der heutigen Linzer Miseri­kordianer, der ehemaligen Karmelitinnen. Prunner war bei der Zeremonie der Grundsteinlegung zugegen und „machte Handreichungen". Das ist das Ressort der ausführenden Baumeister, und man findet sie jeweils bei den Bauarbeiten der verschiedenen Orden, die in jener Epoche nicht mehr über selbständige Bauorganisationen verfügten. 1701 löste sich der Kar­meliterorden von der deutschen Ordensprovinz, und auf dem Gebiet der habsburgischen Kronländer wurde die nach dem hl. Leopold benannte Ordensprovinz gegrün­det. Wittwer wurde der Architekt der Ordensprovinz, und wir finden ihn hernach nahezu bei allen Klöster­IIIKI Kirehenbauten. Die HL Theresien-Kirche der Linzer Karmehtinnen (der späteren Barmherzigen Brüder) ist eine zentrale Kirche mit elliptischem Grund­riß; das Grundrißschema stimmt mit dem der Wiener Salesianerinnen-Kirche überein, deren Pläne D. F. Allio entworfen hatte (Abb. 270 und 284 --287). Die von Wittwer erbaute Linzer zentrale Kirche, wie auch die 1714 entworfene Győrer Karmeliterkirche stehen bauchro­nologisch vor der Wiener Kirche. Die Grundrisse der Lin­zer und der Győrer Kirche sind identisch, auch der Innenraum der Győrer Kirche entspricht dem Linzer Originalplan. Nur die Fassaden sind verschiedenartig: Die Linzer Fassade ist konkav und umgibt kulissenartig den Vorraum der Kirche. Sie mutet italienisch an und ist von der Matheyschen Fassade bereits weit entfernt. Doch auch die sowohl chronologisch als auch dein Stil nach zwischen diese beiden Extreme fallende Entwicklungs­stufe läßt sieh aufzeigen, und zwar an der Karmeliter­kirche in St.-Pölten, deren konkave Fassade noch viele nordische, burgundische Elemente enthält und das Erbe Matheys widerspiegelt. Der ausführende Baumei­ster der St.-Pöltener Karmeliterkirche war vermutlich Prantauer, doch besitzen wir diesbezüglich keine ur­kundlichen Belege (Abb. 288). Bevor er an den Bau der Győrer Kirche heranging, baute der Architekt der Ordensprovinz St.-Leopold die Karmeliterkirche in der Wiener-Neustadt (1716), doch besitzen wir außer einem Hinweis im Győrer Diarium diesbezüglich keinerlei andere Belege. Martin Wittwer erbaute in Győr auch die Kapelle des Kalvarienbergs sowie die kleinen Kapellen der einzelnen Stationen des Leidenswegs (Abb. 312—313). Immer mehr Angaben kommen darüber zum Vorschein, daß er auch zu auswärtigen Arbeiten herangezogen wurde und Pläne zeichnete. So hatten die Zircer Zisterzienser 1726 für die Anfertigung der Entwürfe ihres Klosters in die Kasse der Győrer Karmeliter 50 Gulden eingezahlt. Dies ist eine äußerst beachtenswerte Angabe, da sie auf eine neue Form in der Projektierungs praxis der Orden hinweist und die Schlußfolgerung erlaubt, daß sich die mit dem Entwurf von Bauplänen befassenden und sich eines guten Rufes erfreuenden Mönche auch für fremde Orden Pläne anfertigen durften, ferner, daß die im Rahmen der einzelnen Orden, wirkenden Werkstätten — Tischler- und Steinmetzwerkstätten — für andere Orden gegen Entgelt Arbeiten ausführten. Man hat Beispiele dafür, daß auch die verschiedenen Klöster des gleichen Ordens gegen Bezahlung füreinander ar­beiteten. Bei den Bauarbeiten in Zirc war der ausfüh­rende Baumeister Matthias Kayr (Keger, der aus St.­Florian nach Buda übersiedelt ist). Der Grundriß der Abteikirche in Zirc stimmt mit dem der Kirche in Spital am Pyhrn (Abb. 301—306) — bis auf ein Länge des Schiffs — fast auf die Meter überein, und ihre Fassade ist sowohl mit der letzteren als auch mit der der Linzer Ursuline­rinnenkirche verwandt (Abb. 307 310). An der Fas­sade der Kirche in Spital am Pyhrn treten zahlreiche Elemente auf, die zum Teil bei Wittwers Linzer Bau­werken, zum Teil bei seinen in Ungarn errichteten Bau­werken zu finden sind. Dies ist verständlieh, wenn man bedenkt, daß der Architekt des Karmaliterordens zumindest ein Jahrzehnt — während der Arbeit am Linzer Kirchenbau - enge Beziehungen zu Johann Michael Prunner, dem Baumeister der Stadt Linz, un­terhielt. Wirkung und Wechselwirkung waren also fast unvermeidlich. Aus dem Kreis um Prunner mochte auch der in Linz gebürtige ( 1 686) Paul Hatzinger (Hüztin­ger) 1713 nach Székesfehérvár gekommen sein, wo er vier Jahrzehnte lang der einzige bedeutende Architekt

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