Magyar Műemlékvédelem 1991-2001 (Országos Műemléki Felügyelőség Kiadványai 11. Budapest, 2002)

Koppány Tibor: Egy dunántúli nagybirtok építési szervezete a 18-19. században

DIE BAUORGANISATION EINES TRANSDANUBISCHEN LATIFUNDIUMS IM 18.-19. JAHRHUNDERT. DAS BAUAMT DER BATTHYÁNY-GÜTER IN KÖRMEND TIBOR KOPPÁNY Die Forscher der Baugeschichte Ungarns begannen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Erkundung der neuzeitlichen Bau­praxis. Dank dieser Forschung wurde es bekannt, dass man im Interesse des Neubaus der während der anderthalb Jahrhunderte sich auf den Großteil des Landes erstreckenden osmanischen Be­setzung (1541-1686) sowie der dies begleitenden ständigen Kriegszustände verfallenen Großgrundbesitze Anfang des 18. Jahr­hunderts jene europäische Praxis übernahm, dass eigene Bauämter für die Latifundien geschaffen wurden, Die bisherige Forschung zeigte bereits Geschichte und Tätigkeit mehrerer solcher Bauorganisationen, die auf weltlichen und kirch­lichen Gütern wirkten. Diese Studie fasst kurz die Geschichte der Bauorganisation auf den Gütern des herzoglichen Zweiges der Batthyány-Familie zusammen, die fast ausschließlich in deutsch­sprachigen Archivquellen als Bauamt bezeichnet wurde. Das Bauamt des Batthyány-Latifundiums wirkte in dessen wirtschaft­lichem Zentrum, in der westungarischen Stadt Körmend, nach An­gaben des Familienarchivs etwa zwischen 1730 und 1850. Mitte des 18. Jahrhunderts bekam die Batthyány-Familie vom Habsburger Herrscher, der auch die ungarische Krone trug, den Titel des Reichs­herzogs. Die Familie, die seit Ende des Mittelalters zu den Groß­grundbesitzern gehörte, erwarb im 16.-17. Jahrhundert ihre Latifundien im Westen des Landes, die damals jeweils zu einer Burg bzw. einem befestigten Schloss gehörten. In den Jahrzehnten der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, im langen Krieg zum Vertreiben der Osmanen aus Ungarn spielten die Batthyánys per­sönlich und mit ihrem Vermögen gleichfalls wichtige Rolle. Für ihre Verdienste bekamen sie auf den befreiten Gebieten weitere und große Besitztümer. Zur Leitung ihrer Besitztümer verlegten sie deren Zentrum 1716 ins westtransdanubische Körmend. Aus den Gutshöfen ihres riesigen Latifundiums organisierten sie 1746 mit königlicher Bestätigung Fideikommissgut. Für die einheitliche Leitung und Organisierung der dortigen Bauarbeiten stellten sie um 1730 ein eigenes Bauamt auf. Bedauerlicherweise blieben vom Körmender Bauamt der Batthyány-Familie weder von der Gründung noch vom Abschaffen Dokumente erhalten. Im Familienarchiv beginnen die Quellen hierüber 1730, nach 1850 wird es gar nicht mehr erwähnt. Die Angaben über den Umbau des Schlosses im Gutszentrum, das mittelalterlichen Ursprung hat, beginnen in den Archiv-Schriften mit dem Jahr 1730. Die landesweit in Ungarn im 18. Jahrhundert angelaufenen Wiederaufbauarbeiten auf den Latifundien begannen überall mit dem Aufbau der zentralen Residenzen der Großgrundbe­sitzerfamilien. Das in Körmend 1730-1745 errichtete Barockschloss bestand aus mehreren Gebäuden. Neben dem repräsentativen Wohngebäude entstanden als selbständige Bauten die Bücherei mit Schatzkammer und Archiv, die überdachte Reitschule, Stall sowie Lagerhallen für die Kutschen, die Wohnhäuser der Verwalter des Latifundiums, an beiden Seiten des Haupteingangs Wachhäuser. Neben das Schlossensemble wurde ein großer Park angelegt, darin Blumenhäuser, Ziergebäude und Skulpturen, Springbrunnen, Fluss und See, alle Zubehöre eines barocken Ziergartens waren vorhan­den, Der damals bereits dem Wiener Hochadel angehörende ungarische Kanzler Lajos Batthyány ließ die Pläne des großan­gelegten Bauensembles mit dem Park durch Donato Feiice Allio, einem führenden Meister des österreichischen Hochbarock, anferti­gen, Für die Verwirklichung seiner auf Papier übergebenen Pläne wurde das Guts-Bauamt geschaffen, an seiner Spitze stand der sei­ner Herkunft nach unbekannte „Bauschreiber" Andreas Miller. Bis zu seinem plötzlichen Tod 1733 war er der Verfasser und Unterzeichner sämtlicher Schriften inbezug auf die Tätigkeit des Bauamtes, In seinem Büro an seinem Wohnort bewahrte er die Zeichnungen und Dokumente aller Bauarbeiten des Latifundiums auf, dort erledigte er die vollständige Administration des Bauamtes, natürlich mit den notwendigen Mitarbeitern zusammen. Unter seiner Leitung begannen die Bauarbeiten des Schlossensembles, der dazugehörenden und das bedienenden, aber außerhalb dessen Gebietes befindlichen Wirtschaftsgebäude, sowie der ganzen Gemeinde. Nach dem Tod von Andreas Miller wurde der wahrscheinlich ebenfalls Wiener Joseph Giessl der Leiter des Bauamtes. Seine Position bekleidete er bis 1767. Im Gegensatz zum vermutlich über Architekten-Bildung verfügenden Miller stand neben seinem Namen bereits die Be­zeichnung „Ingenieur", auf seine leitende Position weist sein Titel „Bauinspektor" hin, Nach der Vollendung des von Allio entworfenen Schlossensembles leitete er nicht nur die Arbeit des herrschaftlichen Bauamtes, sondern er fertigte auch die Konstruktionszeichnungen der Gebäude an. So entstanden nach seinen Plänen in Bicske und wahrscheinlich auch in Inta das neue Schloss der Batthyány-Familie, in Nagykanizsa und Homokkomárom ihre Häuser, in Rohonc der Umbau des Schlosses, in den Dörfern des Latifundiums die Kirchen, Pfarrhäuser, Gasthäuser, die Wohnhäuser der Verwalter, die Mühlen, Kornspeicher und noch unzählige Wirtschaftsbauten. Nach zwei Jahrzehnten Tätigkeit gab 1752 Lajos Batthyány, als Palatin damals nach dem König bereits der höchste staatliche Würdenträger Ungarns, das ausführliche Betriebsreglement des Bauamtes in Körmend heraus. Hier bestimmte er, wie die jährliche Bautätigkeit schon im Vorjahr vorbereitet, mit Konstruktions­zeichnungen, Kalkulation und Baumaterial versorgt werden musste, und wie man dies alles über die in Wien residierende zentrale Guts­verwaltung ihm zukommen lässt, in welcher Form man über die laufenden Bauarbeiten Meldung schicken und diese zum Jahres­ende aus technischer und finanzieller Sicht zusammenfassen sollte. Aus dem Reglement weiß man, dass zu der Zeit schon Ziegel- und Kachelfabrik, holzbearbeitendes Sägewerk und Tischlerwerkstatt sowie Baumaterial-Niederlassung in Körmend im Rahmen der Guts­organisation tätig waren, alle mit selbständiger Abrechnungspflicht, unter der Leitung des dem Bauamt unterstellten Baupflegers, Für sämtliche im Rahmen des Bauamtes wirkenden und an den Bau­arbeiten beteiligten Meister, Maurer, Zimmermänner, Schmiede, Schlosser, Dachdecker und andere wurden in der Stadt herr­schaftliche Wohnhäuser gebaut und die ihren Namen nach deutschen, österreichischen, böhmischen und mährischen Fachleute dort einquartiert, das Landsgut schloss sie in Zünfte zusammen. Bauinspektor Ingenieur Joseph Giessl trat 1767 wahrscheinlich in den Ruhestand, sein Name ist in den Dokumenten desweiteren nicht zu finden. Sein Nachfolger war der seinem Namen nach Franzose, vielleicht aus Lothringen stammende Ingenieur Adrien Chevreux, neben dessen Unterschrift immer die Titel Capitan und der vornehme Baudirector oder französisch Directeur des Bâtiments stehen. Bis 1798 stand er an der Spitze des Bauamtes. Er war der Leiter sämtlicher Arbeiten des Bauamtes, zugleich der der Verfasser ihrer Konstruktionspläne. Sein Tätigkeitsbereich entsprach also in allem dem seines Vorgängers, sein Direktor-Titel zeigt aber, dass die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die von ihren Gütern fern, vorwiegend in Wien lebende Aristokratenfamilie ihm größeren Kompetenzbereich erteilte. Aus den Dokumenten des Familienarchivs geht es hervor, dass unter seiner Leitung und infolge seiner Tätigkeit als Architekt in Körmend und auf den anderen Gütern des Fideikommissguts zu seiner Zeit großangelegte und bedeutende Bauarbeiten durchgeführt wurden. Die Schlösser, städtischen Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude baute man weiter, es ent­standen sogar kleinere Betriebe für die Aufarbeitung der land-

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