Magyar Műemlékvédelem 1991-2001 (Országos Műemléki Felügyelőség Kiadványai 11. Budapest, 2002)
Marosi Ernő: A műemléki örökség
Methode der Ergänzung von Ruinen durch Zutäte unterschiedlicher Qualität dem historisierenden Umgang mit Denkmälern zugewiesen. Zumal diese Verfahrensweisen als Grundprinzipien einer „ungarischen Schule" der Denkmapflege seit der Rekonstruktion des königlichen Palastes von Esztergom (1934-38) gelten, ist die Auseinandersetzung mit den Riegischen Prinzipien in Ungarn von großer Bedeutung, Das zu einem Grundsatz erhobene Prinzip der „Ehrlichkeit" in Materialverwendung und in modernen Konstruktionen schlägt in eine künstlerische Absicht um, ein Denkmal für die eigene Zeit zu errichten. Es handelt sich um Prinzipien, die im System Riegls den Gegenwartswerten bzw. dem Gewollten entsprechen. Als sich diese Absicht in der ungarischen Denkmalpflege der Gegenwart offenbart, kann man eine Rückkehr zu Prinzipien feststellen, die die europäische Denkmalpflege vor einem Jahrhundert gekennzeichnet haben. Identität und Beglaubigung Unter Berufung auf die Charta von Venedig pflegt man zu behaupten, daß die Restaurierung auf dem Punkt halt machen soll, wo die Hypothese anfängt. Diese Annahme rechnet aber keineswegs mit der Tatsache, daß Kunstdenkmäler ja von vornherein auf eine Hypothese, d.h. auf eine historische Entsprechung der jeweiligen Denkmäler dem aktuellen Kunstbegriff der Gegenwart gegründet sind. So gesehen, vertritt die Forderung nach Beglaubigung eine Entsprechung diesem Kunstbegriff der Gegenwart bzw, den aktuellen Vorstellungen über die Vergangenheit. Die Beglaubigung ist nicht als eine objektive Beschaffenheit des Denkmals begründet, sondern ist eine Meinung, die in einem Vergleich mit einem - seinerseits ebenfalls historisch bedingten - Idealbild wurzelt. So besitzen mehr oder weniger Authentizität versprechende Verfahrensweisen der Denkmalpflege (etwa: Konservierung - Restaurierung - Wiederherstellung - Rekonstruktion, oder Konservierung - Rekonstruktion Inszenierung u.a.Ä.) als Stufen derselben historisierenden Methode keinen eigentlichen Erkenntniswert, Letzten Endes, in Termini der Bauarchäologie ausgedrückt, schaffen alle diese Eingriffe selbständige Bauperioden im gebauten Organismus. Die wahre Alternative zur Beglaubigung stellt allein die Identität, die Bewahrung der materiellen Substanz und der alten („ursprünglichen") Beschaffenheit des Kunstwerks dar. Auf diesem Punkt gewinnt die einheitliche Betrachtung des kulturellen Erbes an Bedeutung, denn diese einheitliche Behandlung des Gegenstandes die gleichen Maßstäbe vor die Pflege sowohl der beweglichen Denkmäler in Museen als auch der unbeweglichen in der Denkmalpflege setzt, Übrigens läßt sich in neuer Zeit eine Relativierung der Grenzen zwischen diesen beiden Gebieten beobachten, Der fortschreitende Prozeß der Musealisierung setzt die Aufgabe der Sicherung auch in der Denkmalpflege auf die Tagesordnung, Denkmalpflege als kunsthistorische Quellenforschung Die Forderung nach der Sicherung erfolgt sich aus der Tatsache, daß Denkmäler primäre Quellen der Kunstgeschichte sind, und deshalb denkmalpflegerische Eingriffe in derselben Zeit einen Umgang mit diesen Quellen bedeuten. In Termini der Quellenkritik bedeutet die Unterscheidung zwischen historisch überlieferter Substanz und Zutaten einen Akt der Identifizierung, die von der Beglaubigung auch unter diesem Aspekt zu unterscheiden ist. Denn letztere bezieht sich grundsätzlich auf den aktuellen Kunstbegriff bzw. auf den gegenwärtigen Diskurs über die Geschichte der Kunst. Ein Großteil der denkmalpflegerischen Eingriffe ist daher als eine spezifische Quellenkunde, unter dem Aspekt der Aufbewahrung und der Weitertradierung dieser gegenständlichen Zeugnisse zu beurteilen. Wie immer das geschehen mag, durch Sicherung, Rekonstruktion, sogar auch Tilgung des Denkmals oder seines Kontexts, kann die Kunstgeschichtsforschung auf die vollständige Dokumentierung der vorgefundenen Verhältnisse keineswegs verzichten. Der Wertungsprozeß angesichts der Denkmäler In der neueren ungarischen Geschichtswissenschaft (Pál Engel) wurde eine methodische Distinktion zwischen Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung vorgeschlagen. Abgesehen von ihren Forschungsaufgaben (als spezielle Quellenkunde) ist die Aufgabe der Denkmalpflege näher zu der der Geschichtsschreibung, indem ihre Gegenstände in einen allgemeinen Kontext gestellt werden. Dieser Kontext ist immer zeitbedingt und immanent, kann keineswegs unabhängig von der Wertordnung der gegebenen Gesellschaft gedacht werden. Daher hat ein normatives Verhalten den Denkmälern gegenüber keine Berechtigung. Im Vergleich mit der Gegenwartskunst, wo eine Definition „Kunst ist das, was als solche anerkannt wird" als allgemein angenommen gilt, fehlt in der Denkmalpflege ein soweit offener Kunstbegriff, was ein Zeichen derselben Spaltung von Kunstbegriffen ist, die der provozierenden Frage von Hans Belting („Das Ende der Kunstgeschichte?") 1983 zugrundelag. Vor allem kann man keinen Fortschritt und keine Folgerichtigkeit in der Entwicklung der Denkmalpflege vermuten: sie ist ein Spiegelbild der Zeit und der gesellschaftlichen Zustände. Ihre Verantwortung erfolgt sich aus der Aufgabe der Weitertradierung eines Erbes, das uns anvertraut wurde.