Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. IV. Band: Vertebrata (Mammalia) (München und Leipzig, 1891-1893)
5. Classe. Mammalia. Säugethiere - 2. Unterclasse. Placentalia - 12. Ordnung. Carnivora. Fleischfresser - 2. Unterordnung. Fissipedia
660 \ Vertebrata. 6. Familie. Hyaenidae. Hyänen. Zahnformel: f f j_ 2 . Oberer Reisszahn (P 4) langgestreckt , ungemein kräftig, vor der Hauptspitze ein niedriger Vorderzacken , der Hinterzacken zu einer langen , schneidenden Klinge ausgezogen; Innenhöcker am Vorderrande. Die übrigen P oben und unten mit Ausnahme des kleinen , zuweilen fehlenden Pi ungemein dick, kegelförmig. Oberer M klein, quer verlängert, auf der Innenseite des Beisszahns gelegen und von diesem verdeckt. Unterer Reisszahn zweizackig mit schwachem Talon. Schädel kurz, dick. Gehörblase ohne Septum. Processus paroccipitalis vorragend. Hinterbeine kürzer als Vorderbeine. Füsse digitigrad, vorne meist, hinten stets vierzehig. Penisknochen schwach. Das Gebiss der Hyänen zeichnet sich durch Reduktion oder gänzliche Verkümmerung der zweiten Molaren und namentlich durch ungewöhnliche Stärke und massive Beschaffenheit aller übrigen Zähne aus, wodurch dasselbe zum Zermalmen von Knochen vorzüglich geeignet wird. Die äusseren J oben und unten sind kräftig, die conischen Eckzähne gewaltig dick und auch die P mit Ausnahme des zuweilen ganz fehlenden ersten sehr massiv. Der obere Reisszahn hat eine dreizackige, der untere eine zweizackige Aussenwand. Innenzacken und Talon am unteren Reisszahn (Mi) sind schwach entwickelt. Im Ganzen stellt sich übrigens das Hyänengebiss als eine Differenzirung der Viverridenbezahnung dar; die Gattungen Ictitlierium, Hyaenictis und Lycyaena sind vermittelnde Bindeglieder, welche fast mit gleichem Recht der einen oder der anderen Familie zugetheilt werden könnten. Auch der Schädel erinnert noch vielfach an Viverren, obwohl die Schnauze stärker verkürzt ist, die Stirn ziemlich steil ansteigt, der Alisphenoidalcanal und das Foramen postglenoidale fehlen, die Carotisöffnung sehr klein und undeutlich geworden ist, das Foramen condyloideum dicht neben dem Foramen lacerum liegt und die hinten hochgewölbte, vorne verschmälerte Gehörblase eines Septums entbehrt. Grössere Verschiedenheiten weisen die Extremitäten auf. Sie haben eine starke Differenzirung erfahren. Am Humerus kommt niemals ein Epicondyiarforamen vor, der Daumen und die erste Zehe am Hinterfuss sind nur noch durch ungegliederte Stummel angedeutet, die Vorderextremitäten in auffallender Weise verlängert und dadurch die abschüssige Haltung des l) Literatur vgl. S. 606, ausserdem : Boule, M., Description de l'Hyaena brevirostris. Ann. sc. nat. 1893. Zool. t. XV. S. 85. Goldfuss, A., Osteolog. Beitr. zur Kenntniss versch Säugethiere der Vorwelt. Nov. Acta Ac. Leop. IX. Gaudry, A. et Boule , M., Matériaux pour l'hist. des temps quaternaires. Fase. IV. 1892. Wagner, A., Specifische Differenzen zwischen Hyaena brunnea, striata und crocuta in der Beschaffenheit des Schädels und Gebisses. Abh. Münch. Acad. 1843. III. 609. Weithofer, K. A., Die fossilen Hyaenen des Arnothaies in Toskana. Denkschr. Wien. Ac. 1889. Bd. LV.