Puskás Attila (szerk.): A Szent Titok vonzásában. A hetvenéves Fila Béla köszöntése - Studia Theologica Budapestinensia 32. (2003)
Fehér M. István: Pietismus und Hermeneutik
70 Fehér M. István „den Pietismus. [...] So hat sich der schwäbische Pietist Oetinger ausdrücklich an Shaftesburys Verteidigung des Sensus communis angelehnt. Wir finden für sensus communis geradezu die Übersetzung ‘Her%’ [...]. Gadamer schließt Oetingers Position wie folgt zusammen: „Oetingers Berufung auf den Sensus communis gegen den Rationalismus der ‘Schule’ ist für uns nun deshalb besonders interessant, weil sie bei ihm in ausdrücklicher hermeneutischer Anwendung begegnet. Dem Prälaten Oetinger geht es um das Verständnis der Heiligen Schrift.“1 2 Das Problem Applikation bzw. Anwendung, die hier anklingt bzw. zum ersten Mal angesprochen wird, spielt eine zentrale Rolle in der Hermeneutik Gadamers. Weniger weiter im Text heißt es ausdrücklich noch einmal: „Was alle hermeneutische Regelweisheit überspielt, ist die Anwendung an siebt selbst. [...] Offenbar haben auch sonst pietistische Theologen dem herrschenden Rationalimus gegenüber im gleichen Sinne wie Oetinger die applicatio in den Vordergrund gestellt, wie das Beispiel Rambachs lehrt, dessen damals sehr einflußreiche Hermeneutik die Applikation mitbehandelt.“3 Es sei zu diesem Punkt noch ein anderer Beleg vorgeführt. Gadamer spricht im Aufsatz „Klassische und philosophische Hermeneutik“ über „erbauliche Anwendung“ und führt aus: Wenn es um das Verständnis der Heiligen Schrift geht, fragt es sich, ob „der Heilssinn der Schrift nicht notwendig etwas anderes [ist] als das, was sich durch die bloße Summierung der theologischen Anschauungen der Schriftsteller des Neuen Testamentes ergibt? So verdient die pietistische Hermeneutik (A.H. Francke, Rambach) in dem Punkte noch immer Beachtung, daß sie in ihrer Auslegungslehre zu dem Verstehen und Explizieren die Applikation hinzufügte und damit den Gegenwartsbezug der ‘Schrift’ auszeichnete.“4 „Erbauliche Anwendung“ und „Gegenwartsbezug“ stellen offensichtlich treffende Charakteristika dar, wenn man Gadamers eigenes Konzept von Applicatio näher erörtern will. II. Die eben zitierten Überlegungen und der Hinweis auf die Übersetzung von sensus communis als ‘Hei■%’ führt mich zu Kant. Daß Kants Denkungsart oder denkerische Haltung von Haus aus stark pietistisch geprägt wurde, ist bekannt 1 Gadamer, H.-G., Gesammelte Werke (fortan: GW Bd. 1), Mohr, Tübingen 1985, 32f. 2 GW, Bd. 1, 33. 3 GW, Bd. 1, 35. 4 GW, Bd. 2, 105.