Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)
Karl Schlemmer: Die situation des Christentums im Westen zur Jahrtausendwende
Würde jeder anderen und jedes anderen. Was wir nicht brauchen, ist kluge Dogmatik, wir brauchen auch keine tagespolitische Theologie; wir brauchen keine selbstgerechte Besserwisserei, sondern wir brauchen das ganz schlichte Gebet zu Gott, das Vaterunser und die Hoffnung auf sein dereinstiges Reich und seine Kraft und seine Herrlichkeit." Und die für ihre Kirchenzeit zuweilen höchst unkonventionelle, heilige Edith Stein gibt zu bedenken: „Es ist mir immer sehr fern gelegen zu denken, daß Gottes Barmherzigkeit sich an die Grenzen der sichtbaren Kirche bindet. Gott ist die Wahrheit. Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht." (Edith Stein, Werke, Band IX. Freiburg 1959, 102). Deshalb sollten wir in der gegenwärtigen Zeit nicht so sehr über eine Krise des Christentums lamentieren und jammern, gerade wir Katholiken sollten nicht all unsere Energie und Kraft mit innerkirchlichen Reizthemen wie Zölibat, Priestertum der Frau und Kirchenstrukturen verschwenden oder uns mit rechtskonservativer Selbstgerechtigkeit und Arroganz in fundamentalistischen Grabenkämpfen ohne christliche Streitkultur verausgaben, einander ausgrenzen und beschimpfen, sondern mit Zuversicht die eminenten Chancen des Christentums im Auge behalten. Dies erfordert allerdings Flexibilität und Beweglichkeit. Denn, so wiederum Edith Stein, „es ist eine falsche Auffassung, die annimmt, daß in der Kirche alles unabänderlich festgelegt sei; es wird naiv übersehen, daß die Kirche eine Geschichte hat, daß sie, ihrer menschlichen Seite nach, wie alles Menschliche von vornherein auf Entwicklung angelegt war, und daß diese Entwicklung sich häufig auch in der Form von Kämpfen abspielt" (Edith Stein, Werke, Band V, 116). Deshalb möchte ich uns alle einladen, immer für die Wirksamkeit des Heiligen Geistes und seiner Gaben im Gesamt des menschlichen und christlichen Lebens noch offener und bereiter zu werden. Dabei sollte uns aber bewußt sein: Der Heilige Geist ist ein Freund von Überraschungen! 73