Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)
László Vanyó: Millenarismus und Eschatalogie in der christlichen Theologie der zweiten und dritten Jahrhundert
3. Enttäuschung und Enthusiasmus Am Wende des ersten Jahrhunderts schrieb Klemens von Rom: Ferne sei von uns diese Schriftstelle, wo es heisst: Unglückselig sind die Zweifler, die geteilten Herzens sind, die sagen: Dies hörten wir auch zur Zeit unserer Väter, und siehe, wir sind alt geworden und nichts davon ist uns widerfahren. O Unverständige, vergleicht euch mit einem Baum! Nehmt einen Weinstock: zuerst verliert er das Laub, dann entsteht ein Spross , dann ein Blatt, dann eine Blüte und hierauf ein Herling, dann eine reife Traube. Seht, wie in kurzer Zeit die Frucht des Baumes zur Reife kommt! Wahrhaftig, schnell und plötzlich wird sein Wille in Erfüllung gehen, was auch die Schrift bezeugt: Schnell wird er kommen, und der Heilige, den ihr erwartet.2 Diese Zeilen sind sehr lehrreich: sie berichten uns von enttäuschten Christen an der Wende des ersten Jahrhunderts, die Juden- wie Heidenchristen gleicherweise gewesen sein könnten, die die nahe Wiederkunft Christi erwartet haben. Er ist nicht gekommen, stattdes- sen sind die Verfolgungen eigetreten, deren zufolge die sich so vom Heidentum wie vom Judentum zum Christusgaluben bekehrten haben es besser fanden, zum Glauben ihrer Väter zurückzukehren. Die Folge der Enttäuschung war eine Welle der Apostasie. Die Diadache sagt Dank für den Namen, die Erkenntnis, den Gabiben und die Unsterblichkeit: „uns aber hast du alles geschaffen um deines Namens willen, Speise und Trank den Menschen zum Genuss gegeben; uns aber hast du geistliche Speise und Trank geschenkt und ewiges Leben durch Jesus, deinen Knecht.3 4. Paradiesesidee und Materialismus Die Reste judenchristlicher Eschatologie sind die Paradiesesidee und der Materialismus. Ein sehr charakteristischer Text von Papias aus dem 2. Jahrhundert, der an sich die Prägung einer Prophetie: Es werden Tage kommen, in denen Weinstöcke wachsen, einzelne 10.000 Aste haben, und an einem Ast (sc. sind) 10.000 Zweige, und wirklich an einem 2 1 Clem. 23,3-5. Die Apostolishcen Väter, Eingeleitet, übertragen und erläutert von Joseph A.Fischer, Kösel, München,8.,durchgesehene Auflage, 1981, S. 57; Vgl. 2. Clem. 11,2-3. Die Schriften des Urchristentums, Eingeleitet, herausgegeben, übertragen und erläutert von K. Wengst, Kösel, München, 1984, S.81. 3 Did. 10,1-2. Die Schriften des Urchristentums, ed. K.Wengst, Kösel, München, 1984, S.81. 46