Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)

II. - II.1. Jesaja 6,1-11

Schließlich121 wird vor allem im Inhalt des in v.9ff folgenden Verstockungsauftrages deutlich, daß Jahwe Gericht beschlossen hat für das Volk. (Ob dies als ein endgültiges zu verstehen ist, sei damit noch dahingestellt.) Aus all dem geht hervor, daß Gott in seiner Majestät gewiß auch den Charakter von Macht, Gericht und Vernichtung in sich trägt. Die Reaktion des Jesaja beweist, daß er dies auch so empfunden hat. Seine Darstellung vermittelt diesen Charakterzug Gottes auch weiter. Insgesamt bleibt es aber ein zwar wesentlicher, doch nicht der einzige Charakterzug Gottes. Traditionsgeschichtlich liegt hier nicht eine "Gerichtstheophanie" vor.122 In der Majestät Jahwes liegt auch die andere Seite seines Charakters. Das geht aus zwei Dingen hervor: 1. "Die Erde ist voll seiner Herrlichkeit." ­Dem Beben und dem Rauch im Tempel, die das Kommen zum Gericht zum Ausdruck bringen, steht die Aussage gegenüber, daß Jahwe die Erde seiner Herrlichkeit teilhaft sein läßt: v.3b: "..die ganze Erde ist erfüllt von seiner Herrlichkeit." 123 Freilich machen die Worte des Lobgesangs eine allgemeine Aussage, während das Erbeben des Tempels direkt zum Zeitpunkt der Vision geschehen ist (vgl. die Verbalkonstruktionen: Nominalsatz und Verbalsatz). Dennoch bringen sie zum Ausdruck, daß seine Macht auch positive Auswirkungen auf die Geschöpfe hat. Jahwes 121 Nach W.Schmidt, Wo hat die Aussage: Jahwe “der Heilige” ihren Ursprung?, 1962, S. 64. deutet selbst das Attribut der Heiligkeit bei Jesaja auf Gericht hin. Vgl. den Verweis auf weitere Jesajastellen (Jes 1,4; 5,19.24 u.ö.) 122 vgl. dazu: “Es wird allerdings zu fragen sein, ob diese traditionsgeschichtliche Bestimmung dem grundlegend-einmaligen Charakter jener Schilderung der Majestät Gottes v.I-4 gerecht zu werden vermag, weil sie Einzelzüge des Visionsinhalts wie das Beben und den Rauch (v.4), die traditionell mit Theophanien verbunden sind, dadurch 'über Gebühr' präzisiert, daß sie in ihnen Zeichen der gerichtstheophanen Präsenz Jahwes erkennt. ” B.Janowski, Sühne als Heilsgeschehen, 1982, S.124. (gegen O.H.Steck) 123O.Kaiser , ATD 17, •'1981, S. 128: “Besingt die erste Hälfte des himmlischen Lobgesanges Gottes innerstes, verborgenes und doch machtvoll über aller Kreatur stehendes Wesen, blickt die zweite auf seine Gegenwart in der Welt in seinem kabod. Dieses Wort bezeichnet das, was einem Menschen oder Gott Gewichtigkeit und Ansehen verleiht und demgemäß seine Ehre und Herrlichkeit... " 60

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