Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)

II. - II.1. Jesaja 6,1-11

In Verbindung zum König-Titel Jahwes steht in Jes. 6 auch die Bezeichnung des Tempels als d.h. man hat sich den Tempel als den Palast Jahwes vorgestellt, in dem dieser als König thronte. 54 Es gibt freilich einen einschneidenden Unterschied zwischen der kanaanäischen Gottkönigsvorstellung und der des Jesaja. Die heidnischen Mythen sprechen von einer Vormachtstellung des Gottkönigs im Verhältnis zu den anderen Göttern.55 Für die Jahwereligion war aber immer das Verhältnis Jahwes zu den Menschen, zum Volk entscheidend - ganz abgesehen von der Frage nach dem Monotheismus. Diese Fähigkeit zur Beziehung mit dem Menschen stellt Jesaja in den w. 6,5ff heraus, wo er sowohl sich selbst als auch das Volk mit Gott konfrontiert. Aber im ersten Teil (6,1-4) der Vision ist noch das Nachwirken der jerusalemischen Vorstellungsweise spürbar: zwar hat Jahwe keinen Hofstaat von Göttern, aber er ist umgeben von himmlischen Wesen, den Seraphen.56 II.1.3.1.4. Die Seraphen. V.2: -irm1? D'cas titi D'cas üü 5ycc ü'-icy btcmb Seraphen standen vor ihm; jeder hatte je 6 Hügel. Auch diese Seraphe sind ein Element aus der mythischen Tradition; Jesaja stellt sie erstmals als Hofstaat in die Nähe Jahwes. Aus Silo und der Ladetradition ist lediglich die Vorstellung bekannt, daß Jahwe auf Keruben thront.57 54 vgl. R.Albertz, Religionsgeschichte Israels, Band 1, 1992, S. 199. vgl. G.Wanke, Die Zionstheologie der Korachiten in ihrem traditionsgeschicht­lichen Zusammenhang, 1966, S.104. 55 vgl. dazu: W.Schmidt, Königtum Gottes in Ugarit und Israel, S. 55: “Der Gott ist König zunächst als Herrscher über die Götter und damit erst über die Menschen. " 56 ln einer religionsgeschichtlichen Untersuchung über die Malkut JHWH schreibt V.Maag über Jes. 6: "...im Zusammenhang mit dem Thronen Gottes erklingt hier bezeichnenderweise die Titulatur 'Jahwe der Heerscharen'. Und zugleich erscheint das Bild der Seraphen. Ein göttlicher König, so ganz ohne Hofstaat, ist nicht einmal Jesaja vorstellbar gewesen. ” V.Maag , Malkut JHWH, 1980, S. 159. 57 vgl. dazu: O.Keel, Jahwe-Visionen und Siegelkunst, 1977, S. 70. R.Albertz, Religionsgeschichte Israels, Band 1, 1992, S.198, Fn. 20, bringt den Cherubenthron allerdings mit dem phönizischen Einfluß auf den salomonischen Tempel in Verbindung. 40

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