Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)
I. Einleitung - Begriffliche Klärung von "Läuterung" - I.2. Beschreibung des Begriffsinhaltes von "Läuterung"
Kraft der Unreinheit von den Dämonen auf den Menschen übertragen worden ist. Alles, was mit Gott in Verbindung ist, gehört dem Bereich des Reinen an, bzw. was mit ihm in Verbindung treten will, muß rein sein. Alles Unreine muß von ihm fern gehalten werden, weil es eine Bedrohung für das Heilige darstellt. Eine Weitsicht mit einem so grundlegenden Dualismus zwischen Kosmos und Chaos, zwischen der Sphäre des Lebens und des Todes33, beeinflußt das Gottesbild entscheidend. Er hat keinen Einfluß auf die Sphäre des Unreinen; die Mächte des Bösen, auch Sünde, Schuld und Tod sind ihm nicht untergeordnet, sondern bedeuten eine Gefahr für ihn. Gott ist nicht allmächtig und universal34. Außerhalb des kultischen Bereiches ist diese grundlegende Spannung nicht so deutlich in Begriffen wie "rein/unrein", "heilig/nicht heilig" faßbar. Wohl wird auch hier die Wurzel EHp verwendet35. Man verwendet hier verschiedene Ausformungen des Spannungsverhältnisses zwischen Gott und Mensch/Volk: der Mensch erfährt sich als angewiesen auf die Macht Gottes, die sich positiv in Schutz und Leitung auswirken kann, aber auch negativ in Zorn und Zurechtweisung. Es ist dies ein Verhältnis personaler Art; und dies führt dazu, daß der Mensch - ebenfalls in positiver oder negativer Weise - sich dieser Macht Gottes stellt36. In beiden Grundströmungen herrscht also ein Spannungsverhältnis vor. Auch in den verschiedenen Traditionen, die aus dem Jahweglauben stammen, wurden die entsprechenden Begriffe ("heilig, rein, unrein" u.a.) verwendet, wobei sich die Bedeutungsnuancen jeweils veränderten. a) Die Spannung zwischen heilig und nicht-heilig. 33 vgl. dazu die eingehende Charakterisierung der “Jerusalemer Tempeltheologie” von F.Lindström, Suffering and Sin, 1994, S.51ff. 34 ebd., S.440: “YHWH is not omnipotent. Just as little is he omnicausative. There are areas in which YHWH's influence is in reality limited. " 35 vgl. H.Ringgren, Art. SHp, in: THWAT VI., Sp. 1188: “Die Heiligkeit Gottes ist hier also mit seiner Erhabenheit und Einzigartigkeit verbunden.." (zur Verwendung des Begriffes qds in den nicht-priesterlichen Pentateuchquellen und im dtn. Geschichtswerk). 36 vgl. H.Rózsa, Az Ószövetség Keletkezése, ^1995, z.B. S. 250-251, S. 261-263, S. 271-274. 18