Czopf Tamás: Die spezifisch christliche Gotteserfahrung - Studia Theologica Budapestinensia 8. (1994)
II. Zur Fragestellung
diesem Ort scheint Gott restlos vertrieben zu sein. Diese „Abwesenheit Gottes", die auch das Wort vom „Tod Gottes" ausdrücken will, hat freilich nichts direkt mit Gott zu tun, sondern mit dem Glauben an, genauer mit den Vorstellungen von Gott in einer bürgerlichen, faktisch deistischen Epoche.14 Beide Seiten dieser „Kluft zwischen dem Glauben und der menschlichen Erfahrung"15 sind problematisch. Nach langen Emanzipationsbestrebungen auf der Suche nach Freiheit und Demokratie fühlt sich der Mensch — zumindest in der Ersten und Zweiten Welt — als Gestalter seiner Welt und Geschichte, die er mit seiner Wissenschaft, Technik und Macht beherrscht. Neben diesem Bewußtsein melden sich aber freilich auch ernüchternde Kontrasterfahrungen, in denen deutlich wird, daß der Mensch trotz notwendiger, positiver Einsichten und Errungenschaften mit der ihm zugewachsenen Verantwortung nicht zurechtkommt und leicht zum Sklaven seiner eigenen Freiheit und Macht wird (z.B. durch Konsum oder Nationalismus). Das Abschütteln übernatürlicher Bevormundungen hat die Frage nach dem Sinn oder nach der Zukunft nicht gelöst, eher geschärft. Auf der anderen Seite, vom Glauben her gesehen, muß uns bewußt sein, daß Gott als Herr der Geschichte nicht gleichmütig oder machtlos der Menschheitsgeschichte zuschaut, um ihr irgendwann ein Ende zu schaffen, aber er sucht in ihr auch nicht als Konkurrent der menschlichen Freiheit und Autonomie Momente, um einzugreifen und den Lauf der Geschichte in die richtige Richtung zu steuern. Gott kann und will die Geschichte nicht von „oben" an dem Menschen vorbei beeinflussen, sondern nur durch ihn.16 Der Ort, wo wir Gott zu erfah14 „Gott ist insofern tot, als vom Glauben an ihn keine Impulse ausgehen, welche das Leben und die Geschichte bestimmen, _ daß die Aussagen des Glaubens nicht mehr die wirklichen Probleme und Erfahrungen der Menschen treffen." W. Kasper, Einführung, 13. 15 Ebd. 16 „Gott ... ist ein Gott der Geschichte ..., insofern er selbst in aller Wahrheit in ihr erscheint und sie in seinem Sohn zu dem eigenen Geschick des unveränderlichen Gottes wird. ... Er herrscht nicht bloß über die Geschichte, indem er in ihr auftritt ... und in ihr ein universales Reich aufrichtet ..., sondern er durchherrscht sie innerlich ... Er beansprucht sie deshalb auch nicht einmal bloß nachträglich für sich, sie gehört ihm vielmehr ursprünglich zu, insofern er sie überhaupt als echte Geschichte gestiftet hat, «*■ 16