Czopf Tamás: Die spezifisch christliche Gotteserfahrung - Studia Theologica Budapestinensia 8. (1994)
I. Einleitung
I. Einleitung In der neuesten Theologie wird wieder die Korrelation zwischen Erfahrung, kirchlichem Leben und theologischer Reflexion gesehen, grundsätzlich, ohne daß damit auch schon die alte Sache adäquat und auf neue Weise wiedergewonnen wäre. Das Prinzip, das Axiom, ist jedoch wieder gesehen. Auffällig ist, daß diese neuere Theologie so häufig das Adjektiv „konkret" mitführt; es ist dies sowohl ein Zeichen der Unsicherheit als auch des Bewußtseins von dem Axiom, daß jede Gotteserfahrung im Christlichen eine reale Begegnung, eine reale Lebenswelt, eine existentielle Gemeinschaft mit dem Gegenstand voraussetzt. Im letzten Jahrzehnt tauchen auch die Forderung und die Anwendung dieses programmatischen Desiderats auf: nur eine biographische Theologie könne das Erfahrungsdefizit bei der abstrakten, systematischen Gottesrede beseitigen. Diese persönlichen Zeugnisse von berühmten Theologen können freilich die Zeugnisse der Glaubensgemeinschaft nicht ersetzen, das heißt, sie sind oft nur subjektiv, singulär, Zeichen einer atomisierten und autonomen Gläubigkeit. Um diesem Stigma zu entgehen, fordern zum Teil dieselben Theologen eine „narrative Theologie" und orientieren sich dabei an den Erfahrungen von lateinamerikanischen Basisgemeinschaften. Nun gibt es keine Gemeinschaft, die redet und schreibt, sondern immer nur einzelne und persönliche „Spiegel" dessen, was in der Gemeinschaft erfahren wird. Jede Erfahrung muß personal sein. Aber was fehlt und gesucht wird, ist eben das Gemeinsame, die ekklesiale Erfahrung. Da die Gotteserfahrung in der christlichen Heilsgeschichte eine Interaktion von Gott und Mensch impliziert, hat sich in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg bei deutschen Theologen die Kategorie „Geschichte Gottes mit den Menschen"1 als Begriff und Metapher verbreitet. Die Formalisierung der von Gott her und auf ihn hin gedeuteten Ge1 Wohl K. Barth (calvinistischer Theologe) hat diese Sprechweise vor allem verbreitet. Die kirchliche Dogmatik IV/1, 171, 5 (erschienen 1953); ebd. IV/3, 894 (erschienen 1959). /. Ratzinger hat diese Kategorie aufgenommen [Dogma und Verkündigung, 60 f. (erschienen 1961); Einführung in «*■ 9