Folia Theologica 22. (2011)

Rokay Zoltán: Die Religion und die Religionen bei. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling während seiner zweiten Tätigkeit in München (1827-1841)

104 Zoltán ROKAY dung erklären, und nur philosophische = physikalische Begriffe übri­glassen. Wie dort das Christentum, so sollten auch hier der uralte Glaube der Völker, für den sie ihr Leben hingaben, in bloße Philoso­phie aufgelöst werden."32 Man kann Schellings Unbehagen einer radikalen „Demythologisie- rung" verstehen, man muss es auch respektieren. Sie stammt übrigens - mindestens zum Teil vom Schellings grossen Vorbild, Spinoza. Aller­dings ist ein solches Verfahren nicht unbedingt eine Auflösung in die Philosophie; es kann auch aus pragmatischen Gründen geschehen, und auch das, wovon Schelling spricht, ist etwas anderes im Falle der Mythologie und etwas anderes im Falle der Offenbarung: im ersten Falle ist das eine Befreiung vom Fabelhaften, im anderen ist auch die Frage der Möglichkeit einer Kommunikation zwischen Gott und Men­schen, als Initiative für die Religion - Bindung des Menschen an die Gottheit, an Gott, an das Übernatürliche mitenthalten. Im weiteren mag als interessant erscheinen, was Schelling über das Verhältnis der griechischen Mysterien und dem Christentum sagt: „Hierin in dieser nächtlichen Feier ihrer nächtlichen Geheimnisse, worin sie eine künftige Religion feierten, verhielten sich die Myste­rien ganz, wie später die Religion der noch verfolgten Christlichen Kirche, welche die Orgien ihrer Religion auch zur nächtlicher Weile in unterirdischen Gemächern und Katakomben feierte. Heraustre­tend aus der nächtlichen Entzückung und dem Lichte des Tages wiedergegeben, mußte der Eingeweihte zärtlicher und sehnsüchti­ger den Göttern des lichten Tages, der sichtbaren Götterwelt zuwen­den (...)."33 Darauf folgte die Religion, in welcher die sichtbare Götterwelt ver­schwindet, welche aber erst als eine zukünftige Religion meldete. In diesem mythologischen „Prozeß" sind alle drei „Potenzen" vertreten: die der Vergangenheit, die der Gegenwart und die der Zukunft, was eine Simultaneität nicht ausschliesst und Schelling darin nicht hindert 32 Ebd. 367ff. - In diesem Zusammenhang nimmt Schelling auf die germani­sche und nordische Mythologie Bezug, genauso wie sein Bewunderer Mar- tensen, H., Die christliche Dogmatik. Kiel 1858. 167, der aber Schelling und Hegel zum Vorwurf macht, dass sie die nordische Mythologie bei ihren Darstellungen vernachlässigt haben; Ebd. 198ff. 33 Schelling, F.W.J., Urfassung der Philosophie der Offenbarun, 382.

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