Folia Theologica 19. (2008)
Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst
88 HEGYI, Márton heraus, dass der „Ursprung" dieser Bedeutungszusammenhänge ein bestimmter Bezug zu einer Selbstwelt ist. „Geschichte haben" bedeute keinen Besitz von etwas Äußerlichem, sondern eine Betroffenheit einer Selbstwelt von ihrem eigenen faktischen Leben. »Es ist eine Beziehung, die sich von allen bisherigen ausnimmt und wie keine der besprochenen auf die Selbstwelt direkt hindrängt, so daß es sich nicht um sie handelt, sofern sie in ihrem Dasein leistend in der Bedeutsamkeit der Umwelt und Mitwelt lebt, sondern sofern es um sie selbst geht.«35 Hinter dieser Formulierung steckt nun der Gedanke, dass es eine Aufgabe des faktischen Lebens ist, die Selbstwelt anzueignen und sich um sie selbst zu sorgen. Diese der christlichen Tradition entnommene Idee öffnet eine neue Dimension im Phänomenologieverständnis Heideggers: während die Phänomenologie früher im Hinblick auf ihren Gegenstand, als Ur(sprungs)wissenschaft des faktischen Lebens bestimmt wurde, wird von 1920 an auch ihr Motiv genannt, das nichts anderes ist als die »selbstweltliche Bekümmerung«.36 Die phänomenologische Praxis erfährt damit ein existenzielles Gewicht. »Alle Wirklichkeit«, heißt es, »erhält ihren ursprünglichen Sinn durch die Bekümmerung des Selbst«.37 Die gesuchte Urwirklichkeit ist nicht mehr das faktische Leben als solche, sondern »das Selbst im aktuellen Vollzug der Lebenserfahrung, das Selbst im Erfahren seiner Selbst«.38 Das Sorgen um dieses »aktuelle Dasein« ist »unum necessarium«,39 das „Eine", was „not ist".40 41 Der Gedanke der Eigentlichkeit als Zusammensetzung von der Idee der Zugespitztheit des faktischen Lebens auf die Selbstwelt und der des Sorgens des Selbstes um sich selbst erscheint in den religionsphänomenologischen Vorlesungen vom WS 1920/21 und dem SS 1921. Diesen religionsphänomenologischen Vorlesungen verdanken wir die Kennt- nis dessen, woher der Gedanke der Eigentlichkeit als Zugespitztheit des faktischen Lebens auf die Selbstwelt ihre Evidenz erhält. In der Einleitung in die Phänomenologie der Religion41 hebt Heidegger eine Stelle aus den pauli35 GA 59, 58; von mir kursiviert. 36 GA 59,142; von mir kursiviert. 37 GA 59,173. 38 A. a. O. 39 Vgl. GA 59, 169. 40 Vgl. Lk 10,41f: »Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not.« 41 In Phänomenologie des religiösen Lebens [Hg. Matthias Jung / Thomas Re- gehly / Claudius Strube] [GA 60], Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 1995,1-156.