Folia Theologica 19. (2008)

Csernai Balázs: "Diener des höchsten Gottes sein" (Apg 16,17) - indirekte Verkündigung in Apg 16,16-40

30 CSERNAI, Balázs Dass der erste Teil der Anklage aus dem zweiten unmittelbar her­vorgeht, wird meist vorausgesetzt. Der Aufruhr in der Stadt entsteht also wegen der Verkündigung fremder Gewohnheiten.21 Die Frage, wie die Anklage zu interpretieren ist, wurde unterschied­lich beantwortet.22 Man hat oft die Anklage mit der paulinischen Mis­sionsarbeit in Zusammenhang gebracht,23 wobei das Fehlen einer öf­fentlichen Predigt in Philippi außer Acht gelassen wurde. D. Schwartz meint, die Anklage sei wegen der Verkündigung nicht­jüdischer Inhalte durch jüdische Missionare erhoben worden. Eine solche Anklage setzt einen Einblick ins Judentum voraus, deswegen meint er, die Ankläger seien auch Juden.24 Dabei übersieht er, dass die Meinung des Paulus in Philippi nur einem kleinen Kreis gottesfürchti- ger Frauen25 bekannt ist, die in dem Prozess offensichtlich keine Rolle spielen. Wie oben angedeutet, hängt die Anklage nicht mit der Ver­kündigung, sondern mit dem Exorzismus zusammen. Dass die Missio­nare der Verkündigung neuer Götter wegen angeklagt worden seien, ist „angesichts der zahlreichen archäologischen Zeugnisse für nichtrö­mische Kulte in Philippi des ersten nachchristlichen Jahrhunderts"26 wenig stichhaltig. 21 Da in Philippi keine öffentliche Verkündigung stattgefunden hat, wodurch sich die Missionare öffentlich vorgestellt hätten, sind sie nur durch die Sklavin bekannt geworden. So ist die Anklage auf die Bezeichnung der Sklavin zurückzuführen. Egger, Peter, „Crucifixus sub Pontio Pilato." Das „Crimen" Jesu von Nazareth im Spannungsfeld römischer und Jüdischer Verwaltungs- und Rechtsstrukturen. (NTA, Neue Folge, Bd. 32) Münster, 1997,130 weist nach, dass der Orakel der Sklavin und die Anklage der Her­ren sprachlich parallel aufgebaut sind. 22 Hier können nicht alle Interpretationsversuche referiert und diskutiert wer­den. Hier interessiert die Bestimmung der Anklage nur insofern, als sie Ausdruck der Wahrnehmung der Missionare ist. Zum aktuellen Stand der Diskussion vgl. Omerzu, Heike, Der Prozeß des Paulus. Eine exegetische und rechtshistorische Untersuchung der Apostelgeschichte. (BZNW 115) Berlin, New York, 2002,124-141. 23 So Egger, Crucifixus, 129; Haenchen, Apostelgeschichte, 477, Anm. 5; Schwartz, Daniel R., The Accusation and the Accusers at Philippi. In: Biblica 65 (1984), 357-363, hier 360. 24 Schwartz, Accusation, 360-362. 25 Vgl. Stegemann, Wolfgang, Zwischen Synagoge und Obrigkeit. Zur historischen Situation der lukanischen Christen. (FRLANT, 152.) Göttingen, 1991, 212. 26 Elliger, Winfried, Paulus in Griechenland. Philippi, Thessalonichi, Athen, Korinth. (SBS 92/93) Stuttgart, 1978,56.

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