Folia Theologica 18. (2007)
István Ancsin: Die Hoffnung Aaf das Heil bei Hans Urs von Balthasar
40 I. ANCSIN Elio Guerriero sieht in Balthasars Neigung zur Apokatasta- sis-Lehre die wohl nicht unbegründete Gefahr, daß sie „der christlichen Existenz ihre Dramatik entziehen würde".99 Doch hält es Balthasar für die unwiderrufliche Aufgabe aller Christen, ohne Ausnahme für alle Menschen zu hoffen, denn: ,,[V]on der Hölle kann [...] nur je-meinig geredet werden [...], weil ich die mögliche Verdammnis eines andern nie als wahrscheinlicher denn die meinige einschätzen könnte"100. Wissen hat eine abgeschlossene Sicherheit, Hoffnung demgegenüber eine offene Unsicherheit. Ist letztere aber nicht doch eine reale Alternative, wenn man auf Gott setzt und damit hoffen darf, daß „unser Richter doch der Gekreuzigte sein [wird], in dem Gottes unbedingte Vergebungsbereitschaft begegnet"101? Balthasar setzt auch auf diese Hoffnung: „Die letzten Dinge sind und bleiben verhüllt. [...] Was uns bleibt, ist kein Wissen, wohl aber die christliche Hoffnung"102. Wir Menschen haben zwar keine Lösung, wir haben aber eines, auf das wir um keinen Preis verzichten wollen: die Hoffnung, daß es eine gerechte und barmherzige Lösung gibt. Und daß Gott auf die Apokatastasis- und damit zusammenhängend auf die Theodizee-Frage des Menschen eine Antwort geben wird, „darf deshalb erhofft werden, weil er alle Menschen gewinnen will. Dies beinhaltet das Versprechen der Unbedingtheit seiner Liebe,,103. Da Balthasars These über die trinitarischen Unterfassung der Geschichte die Möglichkeit der Allerlösung schon keimhaft in sich trug, kann die Ambivalenz zwischen Gottes Gewinnungsmacht und einer in ihrem vollen Sinne verstandenen menschlichen Freiheit miteinander nicht ganz überzeugend versöhnt werden. Doch, die ernsthaften Bemühungen der Basler Theologen, die Frage der Hoffnung für alle ins Zentrum der Theologie zu rücken, haben das theologische Denken eindeutig befruchtet. 99 GUERRIERO, E.: Hans Urs von Balthasar. Eine Monographie. Einsiedeln, 1993, 170-171. 100 BALTHASAR, H. U. von: Glaubhaft ist nur Liebe. Einsiedeln, 41963, 64. 101 PRÖPPER, Th.: Evangelium und freie Vernunft, 320. 102 BALTHASAR, H. U. von: Apokatastasis, 181. 103 STRIET, M.: Versuch über die Auflehnung, 78. (Hervorhebung im Original.)