Folia Theologica 18. (2007)
Csaba Török: Der Geist Gottes in der Welt der Kulturen. Pneumatologische Akzente im Glaube-Kultur-Verhältnis
304 Cs. TOROK Entwicklung der Theologie erweckt, das im II. Vatikanum kulminierte. Ein wichtiges Element dieses Umbruchs war der neu formulierte Christozentrismus, der bis auf heute die kirchliche Kulturreflexion bestimmt. Jesus Christus und das Geheimnis der Menschwerdung Gottes bedeuten den hermeneutischen Schlüssel zum Verstehen des Glaube-Kultur-Verhältnisses, so dass die Inkarnation zum princeps analogatum der Inkulturation geworden ist, die ein solches Paradigma darstellt, das bewundernswert schnell allgemeine Akzeptanz und weite theologische Rezeption erreicht hat. Doch gibt es mehrere Theologen, die sich kritisch über das Inkulturationsparadigma äußern; der Neologismus wurde in die protestantische Theologie kaum aufgenommen. Jetzt können wir das ganze Spektrum der Kritiken nicht darstellen, wir wollen daher vielmehr einige wichtige Aspekte hervorheben, die zur weiteren Diskussion und zur Evolution des theologischen Denkens nützlich sind. Diese Punkte bezeichnen natürlich das neue mögliche Paradigma auch. 1. Der Versuchung des Reduktionismus widerstehen. Die zwei oben genannten früheren Paradigmen waren in mehreren Hinsichten reduktionistisch. Das pragmatisch-ethische Paradigma begrenzte das Glaube-Kultur-Verhältnis auf einige spezielle Schichten des menschlichen Daseins, solange das chri- stozentrische Paradigma - trotz seiner Offenheit zur Kultur - die Kultur mit einer gewissen klassischen Vorstellung identifizierte, wo Kultur vor allem die Künste, die Wissenschaft, die erhabenen Regionen des menschlichen Geistes beinhaltet (Gr. paideia, Lat. cultura animi). Dass die Kirche die Kultur in diesem „vornehmen", „aristokratischen" Sinne begreifen will, war schon in der Formulierung des Kulturkapitels des II. Vatikanums klar13. Diese Tendenz wurde dann später weitergeführt, und hat ihre Blütezeit im Magisterium von Johannes Paul II. erlebt.14 Hier wurden natürlich einige Ergebnisse der modernen Kulturwissenschaft zur Geltung gebracht, doch kann man im Grossen und Ganzen bemerken, dass diese Posi13 GS II. Kapitel, 2. Teil; vor allem nr. 53. 14 Es ist eindeutig zu sehen, dass sein Nachfolger, Benedikt XVI. eben eine ähnliche Kulturvorstellung hat. Es ist ein Faktum, das mit Sicherheit auf die Weltanschauung der klassischen Europa zurückzuführen ist, in der sie aufgewachsen, enkulturiert worden sind.