Folia Theologica 17. (2006)
Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar
GOTT UND DAS LIED BEI H. U. VON BALTHASAR 207 men dieses Zustandes in den Bereich Gottes. „Die ewig heilige Distanz des Sohnes vom Vater im Geist/ist/ der Grund dafür, das die unheilige Distanz der Weltsünde in sie hineingestellt, von ihr überholt und durch sie überwunden werden kann' (TD III, 337). Damit erweist sich der Unterschied zwischen Vater und Sohn nicht nur als Prinzip des Schmerzes, sondern ebenso als Prinzip der Überwindung allen Unterschiedes. Wenn Gott sich in der Person und Geschichte Jesu dem Leid dieser Welt bis zum Tod am Kreuz aussetzen kann, ohne sein Gottsein zu verlieren, wenn er in seinem Sohn stellvertretend die Gottlosigkeit aller Menschen auf sich nehmen kann, ohne sich in seinem Wesen zu widersprechen, dann muss es in ihm selbst so etwas wie ein Fundament für dieses Heilshandeln geben.26 So ist eben auch zu sagen, dass „mit der 'Entleerung' des väterlichen Herzens beim Hervorbringen des Sohnes jedes mögliche Drama zwischen Gott und einer Welt immer schon miteinbeschlossen und überholt ist, da jede Welt nur innerhalb der vom Heiligen Geist sowohl offengehaltenen wie überbrückten Differenz von Vater und Sohn ihren Ort haben kann" (TD III, 304).27 Balthasar erkennt im Heiligen Geist das principium distinctionis und das principium unionis, ihn, der „Einheit in der Differenz" schafft; eine Einheit in größten Distanz, die aber nicht zur eine Zerlegung führt. Innergöttliche „Trennung" bereitet den Raum für jede Entfernung, auch für Entfernung der Sünde vor. Zwischen Gott und dem Menschen gibt es keine so große Entfernung, die die „Entfernung" zwischen Gott und Gott nicht überbrücken würde. Oder mit den Worten der geistlichen Begleiterin Balthasars, Adrienne von Speyr, ausgedrückt: „Das Verhältnis der göttlichen Personen ist so weit, dass die ganze Welt darin Raum hat." Das bedeutet, dass sich der Mensch von Gott nicht so weit entfernen kann, dass er über die Liebe Gottes hinaus treten würde. Balthasars Trinität ist so eine inklusive Trinität. Hier nähert er sich dem Panentheismus, da im dreieinigen Gott, der die vollkommene Freiheit und Liebe ist, Platz für 26 Vgl. J.-H. TÜCK, Der Abgrund der Freiheit, 471. 27 „Die Welt kann keinen anderen 'Ort' haben als innerhalb der Differenz der Hypostasen“ (TD III, 310). Vgl. J. WERBICK, Gottes Dreieinigkeit denken?, 232.