Folia Theologica 16. (2005)

Bronisław Wenanty Zubert: Die Bedeutung der Klausel "Si puella apparet cognita" in der Kanonistik des ausgehenden Mittelalters

248 B. W. ZUBERT weil sie ein großes Potential an Diffamierungsmöglichkeiten in sich trug. Es ist allgemein bekannt, welch große Bedeutung damals der Jungfräulichkeit zugemessen wurde. Nicht selten wurde sie zur un­erlässlichen Bedingung einer Eheschließung gemacht. Der mulicr deflorata wurde in der Gesellschaft eine sehr niedrige Position zuge­wiesen, die nicht nur den Frauen, sondern auch ihren unehelichen Kindern das Leben schwer machte (das Problem von filii illegitimi). Aus diesem Grund wurde dem vorehelichen Verkehr eine juristi­sche Bedeutung zugesprochen und er wurde als faktische Äuße­rung des Ehekonsenses angesehen (tacitus consensus). 5. Die sich mit dieser Klausel verbindende unwiderlegbare Prä­sumtion (praesumptio iuris et de iure) vermochte es nicht, die eventu­ellen Konflikte zwischen dem inneren und äußeren Forum zu elimi­nieren. Aufgewertet wurde die subjektive Überzeugung der Partei­en, doch galt dies ausschließlich im Bereich des Gewissens. Man darf daher annehmen, dass die Zahl der Streitfragen sowie formale und praktische Schwierigkeiten als Grund dafür angesehen werden können, dass das Tridentinum eine obligatorische kanonische Form der Eheschließung eingeführt hat. Zum Schluss noch etwas völlig Unwissenschaftliches aber dafür sicher sehr Menschliches, für das ich Sie um Ihr Verständnis bitte. Dass ich hier in Washington sein kann und dass es mir möglich war, hier meinen Vortrag (Referat) zu halten, verdanke ich der großzügigen finanziellen Unterstützung von Monsignore Josef Hu­ber. Es ist mir ein aufrichtiges Bedürfnis, ihm dafür nicht nur privat sondern auch in aller Öffentlichkeit Danke, oder wie in großen Tei­len Deutschlands und Österreich üblich ,Vergelt's Gott' zu sagen.

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