Folia Theologica 16. (2005)

Bronisław Wenanty Zubert: Die Bedeutung der Klausel "Si puella apparet cognita" in der Kanonistik des ausgehenden Mittelalters

DIE BEDEUTUNG DER KLAUSEL 233 Wenn aber im Falle solch ungleicher Verbindungen der Beischlaf nicht ausgeübt wurde, vertritt Alexander 111. eine andere Meinung, die mehr das Moment der Zustimmung betont. Darauf weist etwa die Dekretale De illis, qui infra aus den Jahren 1174-1181 hin, die an den Bischof Reginald von Bath (England) adressiert ist4. Der Papst betont hier, dass Personen, die sich vor Erreichung der Ehereife ver­lobt haben, nicht das Recht zusteht, vor Ablauf der annos matrimoniis aptos, den Nichtigkeitsantrag zu stellen. Wenn aber die Verlobung5 zwischen nichtgleichaltrigen Personen stattfindet (etwa im Sinne, dass eine mündige Person sich mit einer unmündigen verlobt), dann steht der unmündigen Seite das Recht zu, nach Erreichen der Mün­digkeit ihren Konsens zurückzuziehen; aber erst aufgrund der Ent­scheidung der Kirche kann eine solche Verlobung aufgelöst werden. Dieses Recht genoss aber nicht die Partei, die ihren Ehekonsens als mündige Person bekundet hat. Am häufigsten handelte es sich dabei um Verbindungen zwischen einem volljährigen Mann und einer minderjährigen Frau. Aber es gab auch Situationen, wo dieses Ver­hältnis umgekehrt war, und um Doppeldeutigkeiten zu vermeiden, fügt der Papst hinzu, dass eine volljährige Frau (quae annos nubiles at­tingit), die ihren Ehekonsens einem Minderjährigen erteilt hat, die­sen nicht mehr zurückziehen kann; das dies aber dem Minderjähri­gen zusteht, sobald er die juristische Ehereife erlangt hat6. eundem virum nullatenus consensisse |...] Consultationi tuae taliter responde­mus, quod, quum in decretis habeatur expressum, quod, si vir dixerit, quod uxorem suam cognoverit et mulier negaverit, viri standum est veritati, unde praefato viro, qui dicit, se mulierem ipsam cognovisse, fides est adhibenda, si id firmaverit juramento. Si autem fuerit aetati proxima, ut in undecimo vel circa XII. annum, et cum suo assensu |...Jdesponsata [...| et cognita ab eodem viro, separari non debet, praesertim quum parentes eius ipsam fuisse aetatis legitime faterentur [...]". 4 X 4. 2. 7; J-L, 13767 =W II 4. 5 Von der recht komplizierten terminologischen Frage: desponsatio de futuro und desponsatio de praesenti oder matrimonium initiatum und matrimonium consummatum wird hier abgesehen. Diese Frage ist allerdings nicht ohne Be­deutung bei dem Versuch einer juristischen Beurteilung einer solchen Verbin­dung. Denn nicht immer lässt sich mit aller Deutlichkeit feststellen, ob es sich hier um ein Verlöbnis oder um eine Eheschließung handelt. Auf einige damit verbundene Fragen habe ich bereits im Beitrag Maltehska przeszkoda wieku w Dekrecie Gracjana i u pierwszych dekretystów, in: Roczniki Teolo- giczno-Kanoniczne 25 (1969), Nr. 5, S. 71-122, insbes. 72-82 hingewiesen. 6 X 4. 2. 7: „De illis qui infra annos aptos matrimoniis contrahendis (...] spon­salia contrahunt, sive uterque, sive alter reclamet, antequam ad annos matri-

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