Folia Theologica 16. (2005)

Otto Schwankl: Monotheismus im Neuen Testament

MONOTHEISMUS IM NEUEN TESTAMENT 157 Die Frage nach dem Monotheismus im Neuen Testament ergibt also im ersten Anlauf einen Befund, bei dem man - mit Verlaub - Radio Eriwan assoziieren könnte: „Im Prinzip" ist die Sache klar: Das Neue Testament übernimmt den Monotheismus als alttesta- mentlich-jüdisches Erbe. Es bezeugt den Glauben an den einen Gott, der „einst zu den Vätern gesprochen hat durch die Prophe­ten" (Hebr 1,1). Daß er jetzt durch „den Sohn" gesprochen hat, än­dert daran prinzipiell nichts. Aber dieser „Sohn" tritt im Neuen Te­stament so ins Rampenlicht, daß der Monotheismus frag-würdig und eine Beziehungsklärung fällig wird. Klärungsbedürftig ist das Verhältnis von Monotheismus und Christologie14 oder (personal gewendet) zwischen Gott und Jesus Christus. ln den nächsten Schritten versuchen wir einige Aspekte dieser Zuordnung zu beschreiben, und zwar nach den drei „Hauptzeu­gen" des Neuen Testaments15, Synoptiker, Paulus und Johannes. 2. Die Verkündigung der Gottesherrschaft (Synoptiker) Die Evangelien sind anonyme Schriften. Ihre Autoren sind zwar Theologen von Rang, aber sie agieren nicht im eigenen Namen, sondern als Stimmen der Tradition, und zwar der Jesus-Tradition. Sie erzählen näherhin von der Person und Botschaft des Jesus von Nazareth, von seinem Leben und Wirken, seinem Leiden und Ster­ben, bis hin zum Zeugnis von seiner Auferweckung. Die Evangelien sind Jesusbücher. Für die Theo-logie (im strengen Sinn) bedeutet das nicht, daß die Evangelisten statt von Gott von Jesus sprechen würden. Aber es bedeutet, daß sie nicht unmittelbar von Gott spre­chen, sondern indirekt, in der Form von Jesuserzählungen; sie übermitteln die Gottesverkündigung Jesu. Dabei setzt allerdings Jo­hannes deutlich andere Akzente als die Synoptiker, die wir zu­nächst ins Auge fassen. 14 Vgl. H.-J. KLAUCK (Hrsg.), Monotheismus und Christologie. Zur Gottesfra­ge im hellenistischen Judentum und im Urchristentum (QD 138), Freiburg i. Br. 1992. 15 Vgl. z.B. W.G. KÜMMEL, Die Theologie des Neuen Testaments nach seinen Hauptzeugen Jesus - Paulus - Johannes (GNT 3), Göttingen 1976.

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