Folia Theologica 15. (2004)

Hans Mendl: Ethikunterricht in Deutschland

ETHIKUNTERRICHT IN DEUTSCHLAND 83 dium für das Fach Ethik geregelt. Insgesamt setzt sich aber die Ten­denz durch, dass auch die Ausbildung zum Ethiklehrer auf qualifi­zierte Weise möglichst bereits während des Studiums erfolgen soll­te. 4.3. Bildungstheoretische Tendenzen und Begründung von Ethikunterricht Schon die Fach-Bezeichnungen deuten auf verschiedene bil­dungstheoretische Konzepte hin. Harald Schwillus arbeitet folgen­de idealtypischen Akzentuierungen heraus, die in die Lehrpläne meist in unterschiedlichster Kombination eingearbeitet wurden. ,,a) Ethikunterricht als Moral-, Werte- und Tugendvermittlung b) Ethikunterricht als Kulturkunde im Sinne einer Einführung in das (jüdisch-)christliche Abendland c) Ethikunterricht als Identitätsfindung und Entwicklung von Sozialkompetenz (Lebenshilfe) d) Ethikunterricht als ethische Urteilsbildung und Reflexion über Normen und Normbegründungen e) Ethikunterricht als Philosophieren."37 Insgesamt ist die Tendenz zu beobachten, dass eine reine Moral­vermittlung im Sinne der Weitergabe eines verbindlichen allgemei­nen Kanons von Werten und Normen rückläufig ist. Der kleinste gemeinsame inhaltliche Nenner besteht in der Erklärung der Men­schenrechte, im Grundgesetz und in den Länderverfassungen, so­wie in der Berücksichtigung der Pluralität von Religionen und Weltanschauungen. Auf dieser Grundlage sollen dann aber durch­aus auch ethische Haltungen und Tugenden vermittelt werden. Wichtiger als die Weitergabe eines moralischen Kanons erscheint 36 Vgl. im Einzelnen: SCHWILLUS; SEIFERLEIN, 282-294. - Vgl. auch die sehr differenzierte „Didaktik des Ethikunterrichts“: H SCHMITT, Didaktik des Ethikunterrichts I-II, Stuttgart u.a. 1983-1984. 37 SCHWILLUS, 7. - SEIFERLEIN (155f) skizziert folgende vier Modelle: weltanschaulich-religiöses Modell, moralpädagogisches Modell, lebenskund- liches Modell, Nachdenklichkeits-Modell. - Treml (A. K. TREML, Ethik als Unterrichtsfach, in: DERS. (Hg.), Ethik macht Schule! Moralische Kommuni­kation in Schule und Unterricht, Frankfurt a.M. 1994, 18-29) unterscheidet zwischen (1) Praktischer Philosophie, (2) Lebenshilfe, (3) Moralerziehung und (4) Ethische Reflexion.

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