Folia Theologica 15. (2004)
Christian Göbel: Philosophie des Mönchseins
FOLIA THEOLOGICA 15 (2004) 5 Christian GÖBEL PHILOSOPHIE DES MÖNCHSEINS Am Beispiel des Ad Monachos des Evagrius Ponticus Die folgenden Betrachtungen gehen - am Beispiel des Werkes Ad Monachos von Evagrius Ponticus - der Frage nach, inwiefern Mönche als Philosophen' und eine monastische Existenz als Philosophie' verstanden werden können. Diese Frage geht zurück an den Ursprung des christlichen Mönchtums, in die Zeit vor die großen, bis heute bestehenden Orden - aber sie behält ihre Gültigkeit bis heute, bis zu jeder monastischen Existenz des 3. Jahrtausends. Den Verstehenshorizont dieser Frage bildet die geistige Verwandtschaft von antiker Philosophie und frühchristlicher Theologie. Diese manifestiert sich nicht nur in den Inhalten philosophischtheologischer Gemeinsamkeiten, sondern besonders auch in der existentiellen und lebenspraktischen Dimension der antiken Philosophie, die ihre Fortführung im christlichen Mönchtum findet* 1. Das meint zuerst die hellenistischen Schulen, in denen v.a. der praktische Zweig der antiken Philosophie zum Tragen kam. Dort war Philosophie wahrhaft ars vitae, in der ganz konkrete Probleme des täglichen Lebens bewältigt werden sollten. Aber es meint auch den eher theoretischen Zweig der griechischen Philosophie, die insbesondere als Teil des platonischen Bildungsprogramms nicht zuletzt als Handgabe und Werkzeug der geistig-logischen Schulung verstanden wurde. Und dort, wo Mönche in Klöstern und ihren Schulen ihr Leben seit Jahrhunderten Weisheit, Wissen und deren Vermittlung widmen, setzen sie die Tradition der platonischen Akademie und aller griechisch-römischen Schulen fort, die die ganze Vielfalt geistes- und naturwissenschaftlicher Disziplinen als „Philosophie" zum Gegenstand ihrer Reflexion gemacht hatten2. Abkürzungen antiker Autoren und ihrer Werke erfolgen nach dem Lexikon der Alten Welt. 1 Vgl. dazu z.B. P. HADOT, Philosophie als Lebensform. Geistige Übungen in der Antike. Berlin, 1991, 48-68 2 Und schließlich sind moderne Elite-Universitäten wie Oxford und Cambridge wiederum aus klösterlichen Studienhäusern hervorgegangen und pflegen