Folia Theologica 15. (2004)
László Holló: Der Beitrag der Kirche zum Zusammenleben der Volksgruppen
32 L. HOLLÓ Aufgrund der großen Bedeutung, die das kirchliche Lehramt der Nationalität als wichtige Grundlage für das „Mehrsein" des Menschen zukommen lässt, verwirft es die Assimilation in eine andere Kultur und will im eigenen Raum die kulturelle Identität jedes Volkes und jeder Nation achten und fördern. Päpstliche Dokumente rufen konsequenterweise die Menschen auf, ihre nationale und kulturelle Identität und Eigenart nicht aufzugeben.2 Laut dem II. Vatikanum liegt es in der Person des Menschen selbst, dass sie nur „durch die Kultur, ... zur wahren und vollen Verwirklichung des menschlichen Wesens gelangt."3. Unter Kultur versteht man hauptsächlich die Muttersprache, die Nation und oft noch die Religion. Ein solcher Kulturbegriff teilt aber - wie auch am Beispiel des Szeklerlandes innerhalb Siebenbürgens bzw. Rumäniens zu beobachten ist -, die Länder in voneinander getrennte Kulturkreise. Da ohnehin der Mensch von Natur aus Fremden mit Misstrauen begegnet, führt diese Abgrenzung leicht zur Abwertung der anderen Nation. Dann geht nationale Gesinnung in Nationalismus über, der eine Gefahr darstellt. Trotzdem wäre es eine unzulässige Verkürzung, Minderheitenprobleme einfach als Ausdruck eines romantischen Partikularismus zu betrachten, der im Widerspruch zu einem Universalismus steht. Im Kern geht es hier um eine Frage der Menschenrechte - nämlich um das Recht des einzelnen, gemeinsam mit anderen die Gruppentraditionen und kollektiven Lebensformen zu pflegen, die ihm am Herzen liegen. 1.1. Die Aspekte des Nationalgefühls Man muss, wenn über Nationalgefühl die Rede ist, zwischen wirklicher kultureller Identität und niedersten Instinkten unterscheiden. Die positiven Aspekte des Nationalgefühls zeigen sich in tiefster Verbundenheit mit der eigenen nationalen Kultur vereint mit der Anerkennung der nationalen Bestrebungen der anderen. So hat das II. Vatikanum die Katholiken aufgefordert, „in Liebe gegen2 „Reich oder arm, jedes Land hat eine Kultur, die es von den Vorfahren übernommen hat: Institutionen für das materielle Leben, Werke geistigen Lebens, künstlerischer, denkerischer, religiöser Art. Sofern sie wahre menschliche Werte darstellen, wäre es ein großer Fehler, sie aufzugeben.“ Populorum progressio 40. in: ebd.Vgl. dazu noch Mater et magistra 181. 3 Gaudium et spes 53.