Folia Theologica 14. (2003)
Mihály Kránitz: Die Annäherung der Religionen aus Christlicher Sicht und der Pluralismus der Religionen
DIE ANNÄHERUNG DER RELIGIONEN 63 Gegenüberstehen von „Partiell-konkret" und „Universell-konkret" auf.9 Balthasar denkt trotzdem nicht, dass man im Falle der Religionen über eine Konvergenz oder eine Integration sprechen könnte, oder aber behaupten, dass jede „universale Religion" den gleichen Wert besitzt. Man hat grundsätzlich zu unterscheiden zwischen den Religionen, die der Offenbarung entspringen - Judentum, Christentum, Islam - die einen gemeinsamen Glauben an den persönlichen Schöpfergott haben, - und den orientalischen Religionen, für die die unpersönliche göttliche Offenbarung sich hinter vorübergehenden, ephemeren Erscheinungen verbirgt. Die zwei Gruppen werden durch stark andersartige Richtungen voneinander getrennt: in den monotheistischen Religionen von Gott zur menschlichen Person und in den übrigen vom Menschen zum Absolutum. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass es keine Berührungspunkte gibt, da eine jede Religion einen gemeinsamen Grund, ein gemeinsames Wesen besitzt, das in der Selbsttranszendenz der menschlichen Person und in ihrer Befreiung besteht. Trotzdem geschieht die Verwirklichung dessen auf unterschiedliche Weise: einerseits durch die Niederbeugung Gottes durch sein Wort in der Geschichte zum Menschengeschlecht in Liebe und in Verschenken seiner selbst selbst; anderseits durch den Kampf des Menschen um die Befreiung von sich selbst auf das unpersönliche Absolutum gründend. Zwischen diesen beiden Richtungen gibt es keine Konvergenz. Sie ernähren sich von zwei einander gegenseitig ausschließenden Weltanschuungen, und eine „universale Religion" ist eine Utopie, die nicht zu verwirklichen ist. Man muss aber auch sehen, dass die beiden Religionsmodelle gleichermaßen Universalismus fordern und absoluten Anspruch haben. 2. Das Geheimnis Christi in den religiösen Traditionen Neben der vorangehenden Richtung erscheinen die Erwägungen der die Religionen als möglichen Weg zum Heil betrachtenden Theologen, was eines der heikelsten Elemente des gegenwärtigen Dialogs zwischen den Religionen ist. 9 Der von Nikolaus Cusanus geliehene Begriff kommt bei Balthasar mehrmals vor.