Folia Theologica 14. (2003)

Pál Bolberitz: Providenz als Mitleid Gottes

18 P. BOLBERITZ ohne seine göttliche Vollkommenheit zu verlieren."24 In Zusam­menhang damit argumentiert und stellt Fragen Maurice Nedoncel- le in seinem erwähnten Buch im weiteren wie folgt: „Es gibt gewis­se Denker, die dem Gott das emotionelle Leben (vie émotionnelle) völlig absprechen. Sie meinen, dass das Gefühl das Bewusstsein ir­gendeiner organischen Störung ist und Gott davon nicht berührt sein kann, denn er ist ein völlig reines Wesen. Ihre Argumentation stützt sich auf eine oberflächliche Psychologie, auf die affektiven Zustände der menschlichen Erfahrung... Warum sollte im Gott das unendliche Gefühlsleben zurückgewiesen werden, wenn wir ihm das unendliche Leben des Verstehens ohne Bedenken zuschreiben? Falls die menschliche Bewegtheit mit den leiblichen Zuständen ver­bunden ist, gilt dasselbe auf das menschliche Denken; und wenn das menschliche Denken trotz dieser materiellen Beziehung Teilha­be an Gott ist, warum wäre es anders, wenn es um unser Gefühlsle­ben handelt?25 Die Frage kann jedoch gestellt werden, ob „die Emp­findung" (vgl. Mitleid) Gottes - wie alle Gefühle, die die Möglich­keit der Veränderlichkeit tragen - seine Unveränderlichkeit nicht verletzt. G. Martelet analysiert folgenderweise die Gedanken von Teilhard de Chardin: „Das grösste Paradox ist, dass wir Gott den „wahren" Gott „in sich" und „für uns" durch den Übergang zu dem Anderen und durch das wahre Irgendetwas-Werden (devenir) der Liebe bestimmen müssen."26 Später setzt er folgenderweise fort: „Gott ist nur unverändert, insofern als Vater ein ewiger Übergang in das Anderssein seines Sohnes, in der Einheit der Liebe ist."27 Gottes Maximum wird durch das Maximum der Liebe gemessen. Das Maximum der Liebe ist nicht vorhanden, wo „alles Werden, jede Geschichte mit ihren Bemühungen ,diesseits' der absoluten Tiefe bleibt, die den unveränderten und notwendigen Gott von der sinnlichen und kontingenten Welt ohne Vermischung trennt."28 Wenn das Mitleid gegenüber den Menschen im Gott vorhanden sein kann, bedeutet dieses Mitleid gleichzeitig auch eine Hilfe? Die 24 M. NÉDONCELLE: La pensée religieuse de Friedrich von Högel, 1935, pp. 130-133. 25 E.d. 26 G. MARTELET: Sens humain et sens divin, Cahier VI. De l’Association Teilhard de Chardin, 1971, pp. 95-97. 27 E.d. 28 Vgl. Rahner, Karl in Das Problem der aktuellen Christologie”. 1965. p. 24.

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