Folia Theologica 12. (2001)
Myriam Wijlens: Profil der Klienten eines Offizialates
84 M. WIJLENS bedenken, dass vielfach die benannten Zeugen im Alter der Parteien sind, so dass insgesamt das Gerichtspersonal mit relativ jungen Menschen zu tun hat. Die Statistik führt jedoch deswegen auch zu einer anderen Frage, nämlich der, wie diese relativ jungen Personen den Weg ins Offizialat gefunden haben. In den Gesprächen bzw. Vernehmungen mit den Parteien und den Zeugen stellte sich mehrfach heraus - so wurde mündlich von mehreren Untersuchungsrichtern berichtet, die die Erhebungsbögen ausfüllten - dass gerade diese Altersgruppe nicht zu den regelmäßigen Sonntagsgottesdienst-Besuchern gerechnet werden darf. Sie heiraten „selbstverständlich" in der Kirche, lassen ihre Kinder taufen usw., aber beteiligen sich sonst kaum am kirchlichen Leben. Diese Personen findet man selten unter den Ehrenamtlichen und Freiwilligen, die im Pfarrgemeinderat bzw. Kirchenvorstand sitzen, die Lektor oder Kommunionhelfer sind, die in Erstkommunion-Vorbereitungsgruppen mitarbeiten usw. Interessant ist, dass es trotz ihrer oft geringen Beteiligung am kirchlichen Leben für diese Personen wichtig ist, dass ihr Leben auch kirchenrechtlich geordnet ist.10 Gerade in Bezug auf diese Personen ist rellen Situationen - , muss sich die Kirche, um ihren Dienst leisten zu können, um die Kenntnis jener Situation bemühen, in denen Ehe und Familie sich heute verwirklichen.“ (AAS 74(1982) 84). Er erinnerte die Rota-Richter außerdem daran, dass sie ihre Entscheidungen zu treffen hätten in Treue gegenüber der - die Ehe betreffenden - Lehre der Kirche und dass sie sowohl bei den Inhalten als auch bei den Methoden ihrer Arbeit nicht nur dem Geist und dem Buchstaben des kirchlichen Gesetzes verpflichtet seien, sondern auch der soziokulturellen Umwelt die gebührende Beachtung schenken sollten, weil die Parteien ihre Entscheidung zu heiraten im Rahmen ihrer soziokulturellen Umwelt getroffen haben. 10 Hier stellt sich auch eine interessante Frage an die Pastoral (-théologie) hinsichtlich der Spendung der Sakramente. Manchmal taucht die Frage auf, welches Bewusstsein, welches Wissen und welche Absichten, inneren Einstellungen oder Beweggründe man bei einem Gläubigen voraussetzen sollte, damit dieser zu den Sakramenten zugelassen werden kann. Die Erfahrungen des Gerichtspersonals lehren, dass man doch sehr zurückhaltend sein sollte, die Sakramente zu verweigern, auch wenn ein Priester den Eindruck erhält, dass z.B. Brautleute den Wunsch, kirchlich zu heiraten, nicht hinreichend aus dem Glauben heraus begründen können. Nicht selten berichten Parteien in einem Verfahren, dass sie kirchlich geheiratet haben, weil es nun mal dazu gehörte. Theologisch gesehen ist das tatsächlich eine dürftige Motivation, aber gerade das spätere Bedürfnis, die Gültigkeit der Ehe überprüfen zu lassen, deutet darauf hin - und dies wird von den Parteien während des Verfahrens oft bestätigt - , dass im Nachhinein der kirchlichen Trauung von den Parteien mehr