Folia Theologica 12. (2001)

Myriam Wijlens: Profil der Klienten eines Offizialates

68 M. WIJLENS hen. Die Kirche bietet also ein Instrumentarium an. Über dieses In­strumentarium - d.h. über die unterschiedlichen Verfahren - wur­de und wird im Bereich des kanonischen Rechtes viel veröffent­licht. Wie steht es jedoch um die Menschen, die sich mit der Bitte, ihre rechtliche Position zu klären, an die Kirche wenden? Über die­se Personen selbst - nennen wir sie Klienten - wurde bis jetzt kaum etwas veröffentlicht. Wenn es in Publikationen schon um konkrete Ehesachen geht, dann konzentriert man sich wiederum hauptsäch­lich auf die Klagegründe; so werden jährlich weltweit Statistiken erstellt und veröffentlicht, aus denen die Anzahl der Ehesachen, die Klagegründe und die Art des Verfahrens hervorgehen. Über die Menschen, um deren Ehen es in diesen Statistiken geht, erfährt man jedoch nur sehr wenig.3 Ein Versuch, ein Profil der Klientel der Offizialate zu erstellen, wäre sicherlich wünschenswert, damit festgestellt werden kann, ob zum Beispiel nur eine bestimmte Gruppe den Weg ins Offizialat findet und eine andere Gruppe fast gar nicht. Erst wenn ein Profil besteht, kann darüber nachgedacht werden, welches die Gründe dafür sein könnten, dass bestimmte Personen sich melden und andere nicht. Ein Profil ist auch relevant für die Art der Kommunikation, die die Offizialate mit Parteien füh­ren: Sprechen sie eine für diese Menschen verständliche Sprache? Wenn eine große Anzahl der Klienten z.B. nicht katholisch ist, wird dann deren mögliche Unkenntnis des katholischen Sprachge­3 Elissa Rinere hat 1988 eine Befragung in den Vereinigten Staaten durchge­führt um festzustellen, wie das Offizialat wahrgenommen wird sowohl von Personen, deren Ehe nichtig erklärt wurde als auch von Personen, die geschie­den waren, jedoch den Weg ins Offizialat nicht gefunden hatten. Sie be­schreibt mit statistischen Angaben, warum Menschen die Nichtigkeit ihrer Ehe festgestellt haben wollten oder warum nicht. Diejenigen, die ein Verfah­ren hatten, beantworteten auch die Fragen, ob das Offizialat während des Ver­fahrens die klagende Parteien regelmäßig informierte, wie sie das Verfahren erfahren haben, was in dem Verfahren für sie persönlich schwierig war und wie lange das Verfahren dauerte. Diejenigen, die den Weg nicht ins Offizialat gefunden hatten, beantworteten z.B. die Frage, an wen sie sich wenden wür­den, wenn sie Informationen über ein Ehenichtigkeitsverfahren erhalten möchten, was, ihrer Einschätzung nach, für sie persönlich das schwierigste sein würde in einem Verfahren, wie sie die Verfahrenslänge einschätzten, wie hoch die Gerichtskosten sein würden und wie groß die Chance sein würde, dass die Nichtigkeit der Ehe festgestellt werden könnte. Elissa RINERE, „Marriage Tribunals - The Mystery Ministry“ in Canon Law Society of Ame­rica, Proceedings of the Fiftieth Annual Convention of the Canon Law Society of America Washington, DC: Canon Law Society of America, 1988, 181-197.

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