Folia Theologica 12. (2001)
Myriam Wijlens: Profil der Klienten eines Offizialates
66 M. WIJLENS nicht in ungültigen Ehen leben, erkennt die katholische Kirche für diese als gültige Eheschließung diejenige an, bei der irgendeine öffentliche Form der Eheschließung eingehalten wurde (c.1127 §2 CIC; 781, 25 CCEO). Eine den Vorschriften gemäß geschlossene Ehe genießt in der katholischen Kirche die Rechtsgunst (c. 1060 CIC; 779 CCEO). Aus einer gültigen Ehe entsteht zwischen den Ehegatten ein Band, das lebenslang und ausschließlich ist (c. 1134 CIC). Nicht alle Ehen jedoch halten, bis der Tod die Gatten trennt; in zunehmendem Maße scheitern Ehen - ein Faktum, das die Kirche vor allem dann nicht übersieht, wenn dieses Scheitern sich als endgültig herausstellt. Die Gatten lassen sich nach der Trennung meistens zivilrechtlich scheiden und lernen neue Partner kennen, die sie „erneut" heiraten möchten. Da die katholische Kirche an der Lehre der Unauflöslichkeit aller Ehen, die gültig geschlossen wurden, festhält, ist eine „erneute" Heirat kirchlich gesehen nicht möglich. Gleichzeitig erkennt die Kirche, dass nicht jede geschlossene Ehe dem Eheverständnis der katholischen Kirche entspricht. Die Kirche bietet deswegen den Menschen - Katholiken und Nichtkatholiken - die Möglichkeit an, prüfen bzw. feststellen zu lassen, ob die geschlossene Ehe tatsächlich den Anforderungen einer Eheschließung nach der katholischen Lehre entsprochen hat bzw. entspricht. Die Nichtigkeit der Eheschließung kann wegen Formmangels, wegen eines Konsensmangels oder wegen eines bestehenden käme und dass angeblich zwar ein Verfahren durchgeführt wurde, das dem Ehenichtigkeitsverfahren ähnlich ist - beide Parteien und Zeugen wurden gehört -, dass jedoch aus dem Dokument nicht deutlich hervorgeht, ob die Nichtigkeit der Ehe festgestellt wurde oder ob die Ehe nichtig erklärt wurde. Der Präfekt erklärte, dass die katholische Kirche eine Anwendung des Prinzips der oikonomia oder eine Nichtigerklärung einer Ehe nicht akzeptieren kann. Er betonte, dass laut Vaticanum II die Kirchen zwar das Recht haben, sich selbst auch in kirchenrechtlicher Hinsicht zu organisieren, dennoch aber geklärt werden müsse, ob eine Feststellung der Nichtigkeit der Ehe durch die koptische orthodoxe Kirche von der katholischen Kirche anerkannt werden kann. Die Frage wurde deswegen dem Päpstlichen Rat zur Interpretation von Gesetzestexten vorgelegt. Der Präfekt kommt zum Ergebnis, dass, bis dieser Rat eine authentische Interpretation gegeben hat, der sichere Weg gegangen werden muss: ein Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit der Ehe ist von der katholischen Kirche durchzuführen.