Folia Theologica 12. (2001)
Zoltán Rokay: Die Selbstverwirklichung des Menschen in der Philosophie von J. G. Fichte
FOLIA THEOLOGICA 12 (2001) 37 Zoltán ROKAY DIE SELBSTVERWIRKLICHUNG DES MENSCHEN IN DER PHILOSOPHIE VON J. G. FICHTE 1. Begriffsbestimmung: verwandte Ausdrücke bei Fichte Das Wort „Selbstverwirklichung" ist ein Schlagwort der sog. philosophischen Anthropologie des ausgehenden XX. Jahrhunderts gewesen. Es geht im folgenden nicht darum, beliebige Hauptwörter und Personennamen miteinander zu verbinden, sondern dem Selbstverständnis des Menschen bei einem Denker der fürs weitere Gespräch über den Menschen bestimmend war, nachzugehen. Zuerst soll die Frage gestellt werden, was man in der Philosophiegeschichte unter Selbstverwirklichung versteht. Es scheint das Einfachste zu sein, sich durch ein philosophisches Wörterbuch informieren zu lassen. Das Historische Wörterbuch der Philosophie bietet sich in diesem Zusammenhang von sich an. Dort erhalten wir die folgende Information: „Das Kompositum Selbstverwirklichung findet sich erstmals bei G. W. F. Hegel; in seinem ab 1816 gehaltenen Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, erklärt er, Kant untersuche, den Willen als Selbstverwirklichung, d.h. der sich als praktische Vernunft nur durch sich selbst (seine Freiheit) bestimmt. Selbstverwirklichunmg wird hier im Sinne von Autonomie verstanden, eine Autonomie, die nicht bloße Gesinnung bleiben darf, sondern darauf aus ist, im Handeln sich zu verwirklichen. Die volle Selbstverwirklichung erreicht der Mensch dann, wenn sich sein autonomes Handeln im Einklang mit dem Allgemein des sittlichen Lebens befindet, so daß es der allgemeine Geist ist, der sich im Individuum verwirklicht."1 * 1 * Vortrag gehalten am 28.06.2000 an der Katholisch Theologischen Fakultät der Universität Passau 1 Historisches Wörterbuch der Philosophie. Zum Wort S. G. Gerhardt.