Folia Theologica 11. (2000)
Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth
82 I. KONCSIK Diese Verifikationsmethoden sind beschränkt: sie leisten nur den Aufweis dominanter Prinzipien, erlauben jedoch keine Aussage über ihre Reichweite noch über die Reichweite eines rezessiven Prinzips115. Es erfolgt nur die Festellung der Dominanz eines Prinzips, nicht jedoch seiner konrketen Relation zur Wirklichkeit. Alle Verifikationskriterien basieren auf der Wirklichkeitskonformität, die sie analog - also gemäß der analogen Einheit der Wirklichkeit - umsetzen. Substitution etwa erforscht die Einheit einer These mit sich selbst. Sie besitzt nur Geltung, weil ontologisch gilt: das, was ,ist‘, ist einheitlich und muß einheitlich sein. Die Suche nach Unbedingtsetzungen etc. ist identisch mit der Prüfung der Nichtigkeit bzw. Positivität einer Theorie: löst eine Theorie ihren relativen Absolutheitsanspruch ein? Inwiefern ist sie relativ inkonistent und impliziert unerwähnte oder unreflektierte ontologische Voraussetzungen? Wie groß ist die Reichweite der Theorie? Die ontologische Kategorie der analogen Einheit der Identität und Differenz ermöglicht die Angabe fester logischer Kriterien zwecks Verifikation des Wahrheitsanspruchs einer beliebigen Theorie. Folgende Kriterien sind universal applizierbar"6:- die Theorie mit dem universaleren Erkenntnisanspruch (Meta-Theorie) darf der Sub-Theorie nicht substantiell widersprechen. Ihr ‘Widerspruch’ beschränkt sich auf die Klärung der in der Sub-Theorie auftretenden Grenzen, was zwangsläufig zu der Negation und Ausweitung dieser Grenzen führt117 (Kriterium der Nicht-Widersprüchlichkeit zwischen Meta- und Sub-Theorie);- die Theorie, die gegenüber einer anderen Theorie mit demselben Gegenstandsgebiet einen universaleren Wahrheitsanspruch erhebt, muß sie als Subeine Theorie in einer konstitutiven Relation. Der axiomatisch vorausgesetzte Vergleichsmaßstab ermöglicht die Einordnung einer Theorie als Sub-Theorie. Dabei gilt das Verbot ihrer unbeschränkten universalen Formulierung sowie das Gebot ihrer Einschränkung auf spezifizierbare Hinsichten. 115 Bsp: „’alles ist objektiv’ ist objektiv” ^Substitution zwecks Herstellung der Einheit mit sich selbst durch Fahndung nach fundamentalen Hintergrundvoraussetzungen): wie weit reichen hier die Objektivität bzw. die ,rezessive“ Subjektivität? Es wird nur gesagt, daß die Objektivität gegenüber der Subjektivität dominant sein muß ('"Alles ist subjektiv' ist nicht subjektiv"!), jedoch nicht, inwiefern es in eingeschränkter Weise berechtigt ist, von Subjektivität zu sprechen. 116 Sie repräsentieren formale Folgerungen aus der analogen Einheit der Identität und Differenz der Wirklichkeit, die auf die analoge Einheit von beliebigen analog gestuften Theorien angewandt wird. 117 So zwingt etwa die Wurzel aus -1 zur analogen Erweiterung der Theorie der reellen Zahlen hin zu den komplexen Zahlen, die sich als reelle Zahl mit einem imagniären Teil definieren lassen.