Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

68 I. KONCSIK Folge: die analoge Existenz charakterisiert jedes Vermögen intern. Zugleich wird jedes Vermögen durch externe Relationen zu anderen Vermögen und zur Umwelt ermöglicht und erwirkt (verwirklicht). Folge: alle Vermögen bilden eine analoge Einheit der Identität und Differenz. Folge: jedes Vermögen steht in un­endlich vielen Relationen zu jedem anderen Vermögen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit der analogen VerwischungS5: der Mensch ist reduzierbar auf seinen Leib etc., weil jedes Vermögen wegen seiner analogen Beziehung und .Universalität' für das Ganze gehalten werden kann. Doch warum ist das falsch? - Weil das Kriterium der Universalität, also der universalen Bezie­hungen, in formaler Hinsicht versagt85 86 87 88. Aus der Universalität folgt nur ein forma­les Konsistenzkriterium, das sich jedoch aufgrund seiner logischen Formalität nur auf logische Begriffe erstrecken kann. Konsistenz bzw. Widerspruchslosig- keit garantiert keine Realität, weil aus Begriffen nur auf Begriffe geschlossen werden kann . Das Universalitätskriterium muß ontologisch ergänzt werden. Wieso? - Nur so ist die Analogie der Differenz und Einheit ersichtlich. Die universalen Relationen zwischen den einzelnen Vermögen sind spezifisch und nicht indifferent noch nur logisch different. Wird die ontologische Differenz zwischen ihnen verwischt und ihre Einheit dialektisch nivelliert, so liegt keine analoge Differenz mehr vor, son­dern eine Indifferenz^ ■ Erst aus der Indifferenz kann die Vertauschbarkeit und Identifzierbarkeit der Vermögen miteinander, also ihre Reduktion aufeinander, resultieren. Folge: die analoge Einheit „Mensch” setzt die Analogie der Differenz voraus. Der reine Begriff der Differenz beinhaltet nicht ihre Analogie, die sie jedoch überhaupt erst ermöglicht. Vielmehr resultiert die Differenz erst aus der ontolo­gischen Erkenntnis der analog gegliederten Wirklichkeit des Menschen. Ontolo­gisch wird eine Hierarchie bzw. analoge Stufung gefordert, die die Analogie der Einheit der Wirklichkeit überhaupt erst ermöglicht. 1.4. Einheit und Universalität jeder Erkenntnistheorie Wenn wissenschaftliche Erkenntnis vorliegen soll, wird als ihre Mög­lichkeitsbedingung die ganze analoge Einheit der Wirklichkeit des Men­schen aktiviert. Eine wissenschaftliche Erkenntnislehre darf nicht auf 85 Ders.: Sein und Wahrheit (1975), S. 348. 86 Ebd. 87 Ders.: Analogie (1965), S. 91. 88 Ders.: Gott (1971), S. 114: „Das Wort Indifferenz hat diesen von Grund aus dialektischen Charakter, daß es als Nicht-unterschied der Verschiedenen auch die gründende Einheit betrifft”. Indifferenz besagt die „Gleichgültigkeit des Verhältnisses von Selbigkeit und Andersheit”, also von Identität und Dif­ferenz.

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