Folia Theologica 10. (1999)

Ciril Sorč: Die trinitarische Dimension des menschlichen Lebens

DIE TRINITARISCHE DIMENSION 39 als sie vollständige, perfekte Liebe ist.9 Zur perichoretischen Gemein­schaft gehört auch wesentlich ihre Offenheit nach außen und die Einbez­iehung des „Außen” in ihren Innenraum. Deshalb wirkt ihre Einheit integrativ und inklusiv; der dreieinige Gott ist deshalb geöffnete und einschließende (inklusive) Gemeinschaft.10 Dieser perichoretischen Ein­stellung gemäß „wirken” auch die drei göttlichen Personen im Men­schen: „So vorbereitet nämlich der Heilige Geist den Menschen für den Gottes Sohn, der Sohn begleitet ihm zum Vater, und der Vater gibt ihm das unvergängliche ewige Leben, an dem jeder teilhaben wird, und zwar deshalb, weil er den Gott anschauen wird”.11 Das perichoretische Got­tesleben ist so der Grund für das Eingreifen des dreieinigen Gottes in die Geschichte und in die Schöpfung, denn „diese trinitarische Geschichte ist nicht anders als die ewige Perichorese von Vater, Sohn und Heiligem Geist in ihrer Heilsveranstaltung, d. h. in ihrer Öffnung für die Annahme und Vereinigung der ganzen Schöpfung.”12 Einige perichoretische Betonungen in der Theologie Für einen orthodoxen Theologen ist die Perichorese diejenige Über­gießung göttlichen Lebens, das vom Vater ausgeht, sich durch den Heili­gen Geist dem Sohn schenkt und im ewigen Kreislauf der Liebe zum Vater zurückkehrt.13 Die Liebe ist nie unpersönlich, deshalb setzt sie die Personen, die diese Liebe als gegenseitiges Geschenk leben, voraus. Die östliche Theologie betont sehr die heilbringende, göttlichmachende Be­deutung des dreipersönlichen Gottes, der seinen Kreislauf der Liebe nach außen strömen lässt und so überströmende Liebe wird. Das Gottwerden (theosis) ist so die Teilnahme am göttlichen Leben der Heiligen Dreifal­tigkeit.14 Zizioulas betont, daß sich die göttlichen Hypostasen gegensei­tig gänzlich durchdringen und aufeinander ausgerichtet sind. Das ist schon das Eigentümliche des griechischen Verständnisses der Person als 9 Vgl. M. KNAPP. a.a.O., 60’ J. DANIÉLOU, La Trinità e il misiero dell’esis- tenza, Queriniana, Brescia 21989, 34-39. 10 Vgl. M. KNAPP, a.a.O., 157-172; vgl. noch G. KRAUS, Gott als Wirk­lichkeit: Lehrbuch zur Gotteslehre, Knecht, Frankfurt am Main 1994, 320-324. 11 Irenäus, Adversus Haereses, 4, 20. 12 M. KNAPP, a.a.O., 174; vgl. D. STANILOAE, Orthodoxe Dogmatik. Band I. Gütersloh 1985, 275-277. 13 Vgl. K.Ch. FLEMY, Orthodoxe Theologie. Eine Einführung, Wissen­schaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, 47-49; V. LOSKY, La teoló­gia mistica della Chiesa d’Oriente, ED, Bologna 1985, 39-60. 14 Vgl. K.Ch. FLEMY, a.a.O., 142.

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