Folia Theologica 10. (1999)

Helmuth Pree: Grundfragen des Rechts und der Verwaltung kirchlichen Vermögens (II)

GRUNDFRAGEN DES RECHTS 29 der Folge ihrer Unverletzlichkeit und Immunität; in diesem Zusammen­hang stand auch das Asylrecht der Kirche (c. 1179 CIC/1917).31 32 Abgesehen davon, daß das Besteuerungsrecht und die Steuerpflicht heutzutage nicht mehr als Ausdruck der Unterwerfung unter eine bestim­mte Autorität angesehen werden, sondern als sozialethisch begründete Verpflichtung zur Leistung des Beitrages zum Gemeinwohl , dem auch die Kirche sich nicht entziehen kann und will, hat das II. Vatikanische Konzil mit der Vertiefung der Ekklesiologie auch das Selbstverständnis der Kirche im Verhältnis zum Staat in ein neues Licht gestellt. Demnach bleibt das Grundanliegen der societas perfecta-Lehre aufrecht, einzelne Elemente von ihr sind in den Texten des II. Vatikanischen Konzils, allen voran Vat II GS, enthalten, diese Doktrin wird jedoch überboten und fortgeführt. An die Stelle einer schwerpunktmäßig defensiven Vindiz­ierung kirchlicher Unabhängigkeit von der weltlichen Gewalt trat eine Lehre, welche die Eigenrechtsmacht der Kirche und die Unabhängigkeit ihrer Leitungsgewalt gegenüber jeder anderen Autoriät in den Horizont der individuellen und korporativen Religionsfreiheit (die der Staat zu gewährleisten habe) und in das Staat und Kirche in gleicher Weise in Anspruch nehmende Postulat einer gegenseitigen Kooperation einbindet, da ja Staat und Kirche, wenngleich mit verschiedener Begründung und Aufgabenstellung, der persönlichen und gesellschaftlichen Berufung ein- und desselben Menschen dienen; das aber vermögen sie am besten durch 31 Vgl. F. Lucius FERRARIS, Prompta bibliotheca canonica, iuridica, moralis, theologica, Monte Cassino 1848, 221-268; L.-R. MISSEREY, Art. Asile en Occi­dent: DDC I (1935) Sp. 1089-1104; H. WAGNON, Art. Églises'. DDC V (1953) Sp. 171-211, 202-205; Georges VROMANT, De bonis Ecclesiae temporalibus, Bruxelles-Paris 1953, 13-16; Franciscus Xaverius WERNZ-Petrus VIDAL, lus Canonicum IV. De rebus II. Magisterium ecclesiasticum. Bona temporalia eorumque administratio, Romae 1935, 204-211, vor allem 210: „Si vero agatur de bonis, quae sensu stricto in publico dominio Ecclesiae sunt constituta..., certe im­munitas reális absolute a Deo non est praescripta, neque ulla lege divina omnis solutio tributorum civilium indiscriminatim interdicta... Nihilominus immunitas reális verorum bonorum ecclesiasticorum eo sensu stricti iuris divini est, quatenus potestas civilis sine consensu Ecclesiae bonis ecclesiasticis propriae dictis per suas leges tributarias onera imponere nequit”. Diese Autoren ziehen zur Begrün­dung auch die in Propositio 30 des Syllabus errorum (Pius IX., 1864) verurteilte Behauptung heran: „Ecclesiae et personarum ecclesiasticarum immunitas a iure civili ortum habuit” (DS 2930). Vgl. auch Federico R. AZNAR GIL, Administración (Anm. 25) 71 f. 32 Vgl. Federico R. AZNAR GIL, Administración (Anm. 25) 72 f.

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