Folia Theologica 8. (1997)

Péter Erdő: Das oberste Patronatsrecht der ungarischen Könige in der Forschung von Vilmos Fraknói

DAS OBERSTE PATRONATSRECHT 165 kommt weiterhin oft vor, daß auch diejenigen, die ein solches Kirchenamt erhalten haben, das niedriger als das Bischofsamt und somit von besonderen Fällen abgesehen im Sinne des allgemeinen Kirchenrechts durch bischöfliche Verleihung erhältlich war, sich wegen Bestätigung oder Ernennung an den Papst wenden. Dies war auch dann üblich, wenn der Bischof den Betroffenen schon ernannt oder sogar in Besitz seines Benefiziums eingeführt hat. Um solche päpstlichen Ernennungen bewarben sich auch Inhaber von kleineren Benefizien, deren Benefizium unter dem Patronat des Königs Sigismund stand. Bei solchen Anträgen wurde als Begründung erwähnt, daß der Bepfründete Zweifel über die Legitimität der Präsentation beziehungsweise der Besitzergreifung hatte. Diese Sitte ist — wie Fraknói festgestellt hat — bis zur Zeit des König Mathias in den päpstlichen Regesten dokumentiert25. Aufgrund dieser Tatsachen faßt der Verfasser die Ergebnisse seiner institutions-geschichtlichen Forschungen in folgender Weise zusammen: Obwohl weder die römische Kurie irgendwelche Zugeständnisse hinsichtlich der rechtlichen Prinzipien nach dem Konzil von Konstanz gemacht, noch die ungarische Rechtsauffassung sich radikal geändert hat, verstärkt sich jedoch auffallend die Tendenz, den Schwerpunkt des Verfügungsrechts in Benefizialsachen innerhalb die Landesgrenzen zu bringen26. Kehren wir aber auf die Frage der sogenannten Bulle selbst zurück! Fraknói — abweichend von einigen seiner Zeitgenossen, z. B. dem späteren Erzbischof von Kalocsa, Gyula Városi, der die ganze Geschichte mit der Bulle für Märchen gehalten hat27 — glaubte an die Existenz der „Konstanzer Bulle”. Er hat das Problem erkannt, das sich aus dem Schweigen der Protokolle des Konzils ergab. Die Aussagen von Verböczy hat er jedoch als glaubwürdige Zeugnisse betrachtet. Er konnte nicht denken, daß das Tripartitum von Verböczy hinsichtlich der Existenz der während des Konzils entstandenen Urkunde zwar glaubwürdig, aber in der kirchenrechtlichen Qualifizierung des Dokumentes — vielleicht absichtlich — nicht klar genug ist. Fraknói spricht immer darüber, daß „das Konzil” eine solche Bulle „ausgestellt” hat28. Nach dem Tod von Fraknói, als der Text entdeckt wurde, hat die 25 Ebd. 191-192. 26 Ebd. 192. 27 VÁROSI GY., A konstanzi kiváltságlevél, in Magyar Sion (1896) 16. 28 Magyarország egyházi és politikai összeköttetései I, 336.

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