Folia Theologica 6. (1995)

Bruno Primetshofer: Die Fähigkeit zum Ehekonsens nach Kanonischem Recht

24 B. PRIMETSHOFER wird59), daß eine wegen zeitlich begrenztem Erfüllungsunvermögen un­gültige Ehe in der Wurzel geheilt werden kann, wenn das Hindernis weg­gefallen ist60. Da das in Rede stehende Hindernis dem Naturrecht ange­hört, kann die Heilung in der Wurzel nur ab dem Wegfall des Hindernis­ses gewährt und nicht auf den Zeitpunkt des (ungültigen) Eheabschlusses rückbezogen werden (c. 1163 § 2). 3) Die Frage der „perpetuitas” Der in c. 1095, 3 angeführte Tatbestand hat eine Reihe von Bezeich­nungen erhalten, wobei zunächst in Analogie zur physischen Impotenz von psychischer Impotenz61 gesprochen wurde62. Wohl aufgrund dieser Parallele — bei der physischen Impotenz wird Unheilbarkeit (perpetui­tas) gefordert (c. 1084 § 1; vgl. c. 1068 § 1 CIC/1917) — tauchte die Frage auf, ob nur dauerndes, d.h. unheilbares Erfüllungsunvermögen die Nichtigkeit der Ehe nach sich ziehe. Auch in diesem Punkt sind Lehre und Rechtsprechung geteilt63. In einer jüngeren Entscheidung äußert sich die SRR kritisch zur Forderung nach Unheilbarkeit; eine derartige Forde­rung werde zu Unrecht erhoben. Zwar sei eine gewisse „duratio seu diu­turnitas” der angesprochenen incapacitas gefordert, aber die im Augen­blick der Eheschließung vorhandene Unfähigkeit ziehe Nichtigkeit der 59 Siehe darüber unten III, 3. 60 A. MOLINA MELIÁ - M. E. OLMOS ORTEGA, Derecho matrimonial canoni­co sustantivo y procesal, Madrid 1985, 193. — Interessanterweise geht Men- donça in seiner gründlichen Studie auf diese Frage nicht ein, obwohl er sich im Anschluß an C. LEFEBVRE, De defectu discretionis iudicii in rotali iu- risprudentia, in: PerMCL 69 (1980), 556 im Zusammenhang mit der Mög­lichkeit der convalidatio simplex die Frage Konsensmangel oder Ehehin- demis stellt: Im Falle einer Einstufung als Konsensmangel könne die Ver- gültigung gemäß c. 1159, d.h. durch private und geheime Konsensemeue- rung seitens jenes Partners geschehen, der den fehlerhaften Konsens gelei­stet hat; betrachte man den Tatbestand hingegen als Hindernis, dann müsse der Konsens gemäß c. 1158 von beiden Partnern erneuert werden. — Die Möglichkeit der Heilung in der Wurzel, d.h. einer Vergültigung ohne Konsenserneuerung, wird überhaupt nicht ins Auge gefaßt. A. MEN- DONÇA, The Incapacity to Contract Marriage: Canon 1095, in: StudCan 19 (1985), 309 f. 61 Diese ist freilich von einer psychisch bedingten physischen Impotenz streng zu unterscheiden. Vgl. zu dieser R. C. BAUHOFF - A. MENDON- ÇA, Psychic Impotence, in: StudCan 24 (1990) 205-240,293-333. 62 Zur Terminologie vgl. WEBER, Erfüllungsunvermögen (Anm. 44), 139. 63 Vgl. D.J. FELLHAUER, Psychological Incapacity for Marriage in the Revised Code of Canon Law, in: The New Code of Canon Law. Proceedings of the Fifth In­ternational Congress of Canon Law (Ottawa 1984), Ottawa 1986, II, 1036 f.

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