Folia Theologica 3. (1992)
László Boda: Menschliche Vorurteile und deren Überwindungsmöglichkeit
98 L. BODA Doch gibt es verschiedene Möglichkeiten, teilweise in der Psychologie und Pädagogik, teilweise im Bereich der christlichen Spiritualität. Ein anthropologisches Grundprinzip ist dazu allerdings notwendig zu akzeptieren, nämlich das, daß der Mensch ein freies Wesen ist, hat eine auch ethisch wandelbare Persönlichkeit und ist fähig zur Bekehrung. Dazu kommt eine von der Erfahrung begründete These: die gesunde psychische Entfaltung der Persönlichkeit richtet sich von seiner Natur aus, um mindestens besondere von Sympathie-Antipathie beherrschte Vorurteile aufzulösen. Allport spricht darüber in Verbindung mit seinen gruppenpsychologischen Untersuchungen. Demnach gibt es im allgemeinen weniger vorurteilsvolle Persönlichkeiten zwischen den Alten, als in der Lebensperiode der Jugend. Ausnahmen gibt es natürlich immer. Ein pädagogisches Medikament kann zum Beispiel der Sinn für Humor sein. Mit Humor können die gespannten Situationen auch in diesem Bereich aufgelöst werden. Außerdem erwähnt Allport eine markant tiefenpsychologisch empfohlene Möglichkeit, nämlich die sogenannte „Katharsis”. Das bedeutet, daß man seelisch erleichtert wird, wenn man durch Gefühlsexplosionen seinen Haß oder Antipathie ausgeben kann.19 Im christlichen Leben gibt es auch verschiedene Mittel, die die menschlichen Vorurteile zu überwinden helfen. Die Selbsterkenntnis und Selbsterziehung sind besonders wichtig. Dem entspricht im christlichen Leben und ist von großer Bedeutung die ordentliche Gewissenserforschung und das Sakrament der Buße, womit der Absicht der Bekehrung verbunden ist. Die echte Bekehrung bedeutet nämlich nicht nur die Versöhnung mit Gott, sondern auch die Versöhnung mit den Mitmenschen. Die zentrale Norm für die Christen ist auch von diesem Aspekt aus: die Person und Lehre Jesu. Sein ganzes Verhalten zeigt, daß er wirklich „der Mensch ohne Vorurteile” ist. Das ganze Wesen Jesu ist ein Protest gegen die pharisäischen Vorurteile. Es genügt, einige Beispiele zu zitieren, wie er Maria Magdalene, die Samaritanerin, die Zöllner und Sünder behandelt, wie er den Pharisäer Simon besucht und zum römischen Hauptmann von Kapernaum hingeht. Apostel Paulus so formuliert die Verhaltensnorm für die Christen aller Zeiten: „Da ist nicht Grieche, nicht Jude, Beschnittener, Unbeschnittener, Scythe, Knecht, Freier, sondern alles und in allen Christus” (Kol 3, 11). 19 Vgl. Catharsis and the reduction of Prejudice, Journal of Social Issues, (1945/1).