Folia Theologica et Canonica 11. 33/25 (2022)

Sacra theologia

DENKEN DES UNÜBERTREFFLICHEN - DIE ZWEIFACHE NORMATIVITÄT...83 weil sich dieser vollkommen mitteilungsbereite Gott den ihm ähnlichsten Ge­schöpfen selbst auch am meisten mitteilen kann. Ebenfalls ist die Annahme (widerspruchsfrei) möglich und angesichts des entfalteten Gottesbegriifs auch notwendig, dass zumindest eine (Seins-) Art dieser vernunftbegabten Geschöpfe in einer (der daher weltlich verborgens­ten, weil gottähnlichsten) ihrer geschöpflichen Seinsstrukturen (in der christ­lichen Tradition oft als „Seelengrund“ bezeichnet) ein Aufnahmevermögen für den trinitarischen Gott selbst besitzen und darin mit diesem unmittelbar ver­bunden bzw. von ihm gänzlich durchdrungen sein muss, wie es die abendlän­dische, und zwar schon die neuplatonische, vor allem aber die christliche Mystik lehrt. Denn nur einer solchen Totalempfänglichkeit eines Geschöpfes für ihn als seinen göttlichen Schöpfer kann sich ein unübertrefflich guter und daher in größtmöglicherweise Weise zur Selbstgabe an seine Geschöpfe berei­ter Gott auch uneingeschränkt selbst mitteilen. Ein unendlich vollkommener, mithin allmächtiger und allwissender Gott bringt notwendigerweise nicht nur überhaupt eine von ihm wesensverschiede­ne Welt hervor; er muss diese Welt als deren einzige Erstursache auch auf vollkommene Weise und daher aus dem Nichts (creatio ex nihilo), d. h. ohne eine ihm vorgegebene Stoffursache, und somit alleine aus sich selbst hervor­bringen. Ebenso folgt aus dem ontologischen Gottesbegriff, dass die von Gott de facto geschaffene Welt auch die beste aller möglichen Welten sein muss (Leibniz), weil ihr Urheber schlechthin unübertrefflich ist. Darüber hinaus er­gibt sich aus diesem ontologischen Gottesbegriff, dass es von allen von Gott kreativ hervorgebrachten Naturen und deren natürlichen Relationen unter­­und miteinander innergöttliche Schöpfiingsgründe bzw. Exemplarursachen als Gedanken bzw. Ideen im alleinheitlichen Geist Gottes schon von Ewigkeit her geben muss, als deren raum-zeitliche Erscheinungs- und Verwirklichungsfor­­men die real existierenden Geschöpfe daher verstanden werden müssen. Denn das Attribut der weltschöpferischen Tätigkeit kann einem im Sein vollkomme­nen, mithin selbst zeitfrei gegenwärtig existierenden (ewigen) und folglich unwandelbaren sowie allwissenden Gott nur genau dann widerspruchsfrei zu­gesprochen werden, wenn dieser Gott ein seins (form-) begründendes Wissen aller von ihm hervorgebrachten Naturen einschließlich des Gesamtzusammen­hangs ihrer natürlichen Relationen und somit einen umfassenden und vollstän­digen Entwurf der von ihm zu schaffenden Weltordnung immer schon in sich trägt. Unter der Voraussetzung einer selbstverschuldeten Entfernung und Ent­zweiung der von diesem Gott geschaffenen geistbegabten und (in vorgegebe­nen Grenzen) freien Naturen von ihrem göttlichen Schöpfer stellt schließlich auch die folgende, allerdings erst post factum mögliche, weil das natürliche Vorstellungsvermögen des Menschen übersteigende Überzeugung eine Kon­sequenz aus dem zugrunde gelegten Gottesbegriff dar: Dass dieser Gott in

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