Folia Theologica et Canonica 11. 33/25 (2022)

Sacra theologia

DENKEN DES UNÜBERTREFFLICHEN - DIE ZWEIFACHE NORMATIVITÄT...69 und der vollkommenen (sittlichen) Güte des Willens des höchsten Gottes Zeus aufweist.3 III. Die Einsicht in die Normativität des metaphysischen Gottesbegriffs in der philosophischen Theologie der Griechen Diese Entwicklungslinie findet ihre sachliche, zeitlich allerdings teilweise pa­rallel verlaufende Fortsetzung und sukzessive Vervollkommnung in der Ge­schichte der natürlichen bzw. philosophischen Gotteslehre im Denken der Griechen, beginnend mit den drei milesischen Vörsokratikem bis hin zu Aris­toteles. Auch deren Geschichte weist eine ebenfalls nahezu kontinuierliche Entwicklungslinie zur Einsicht in die Seinsvollkommenheit, damit auch in die Einzigkeit sowie im Platonismus in die Einfachheit als Implikate der Unüber­­trefflichkeit als des normativen Inbegriffs des metaphysisch verstandenen Gott-Seins auf. Die Frage nach der Vorrangstellung der noologisch-ontologi­­schen (Seinsvollkommenheit als Maß der Unübertrefflichkeit Gottes) oder der henologischen (Einfachheit als Maß der Unübertrefflichkeit Gottes) Position in der inhaltlichen Bestimmung der Normativität des Gottesbegriffs lässt sich m. E. zugunsten der noologisch-ontologischen Position entscheiden, da Gott als Inbegriff absoluter, d. h. in jeder möglichen Hinsicht bestehender, Unüber­trefflichkeit neben der vollkommenen Einfachheit (seines Wesens) auch alle anderen möglichen unübertrefflich guten bzw. perfekten Eigenschaften be­sitzen muss. M. a. W.: Wenn schlechthinnige Unübertrefflichkeit der metaphy­sische Inbegriff des Gottseins ist, dann müssen Gott über die differenzlose Einfachheit seines Wesens und damit über diese eine spezifische Unübertreff­lichkeit hinaus auch alle anderen formal möglichen bzw. widerspruchsfrei denkbaren spezifischen Unübertrefflichkeiten bzw. unübertrefflich guten Eigenschaften zugesprochen werden, dann muss Gott zwar in seinem Wesen differenzlos einfach, aber doch zugleich auch eine uneingeschränkte und un­­einschränkbare Fülle vollkommenen Seins und damit auch absoluter Geist sein. Daher umfasst systematisch gesehen die „ontologische“ bzw. seinsmeta­physische und zugleich „noologische“ bzw. geistmetaphysische Position in der Bestimmung der inhaltlichen Normativität des Gottseins die henologische bzw. einheitsmetaphysische Position, nicht jedoch umgekehrt. Dieser Um­stand erklärt nicht nur, warum Platon, Plotin und Proklos das Gottsein nicht auf das Eine als das erste Prinzip aller Wirklichkeit eingeschränkt, sondern auch auf die Wirklichkeitsstufe schlechthin unübertrefflichen Seins und die 3 Vgl. hierzu Enders, M., Entdeckung und Bestimmung der Normativität des Gottesnamens, 206 (Zusammenfassung).

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