Folia Theologica et Canonica 5. 27/19 (2016)
SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Die Gnade Gottes und der Heilige Geist in der Rechtfertigungslehre des Apostels Paulus
FOLIA THHOLOGICA ET CANONICA (2016) 17-28 Imre Kocsis DIE GNADE GOTTES UND DER HEILIGE GEIST IN DER RECHTFERTIGUNGSLEHRE DES APOSTELS PAULUS 1. Der Hintergrund: Die Gnadenbedürftigkeit und die Erneuerung durch den Heiligen Geist im Alten Testament und im Judentum, /. Die Verkündigung der Propheten, 2. Die Qumranschrifien; II. Die Gnade und der Heilige Geist im Römerbrief, /. Rechtfertigung durch Gnade, 2. Der Zustand der Gerechtfertigten: freier Weg zur Gnade - Gottes Liebe in unseren Herzen, 3. Unter der Herrschaft der Gnade, Abschluss Die Dogmatikbücher und die Katechismen behandeln meistens als eigenes Thema die gnadenvermittelnde Rolle des Heiligen Geistes' und gebrauchen regelmäßig den Ausdruck „die Gnade des Heiligen Geistes“.1 2 * In der christlichen Theologie besteht also eine enge Beziehung zwischen Gnadenlehre und Pneumatologie. Wenn wir aber den Wortgebrauch der Paulusbriefe zum Ausgangspunkt nehmen, müssen wir mit Überraschung feststellen, dass der Apostel das entsprechende griechische Substantiv für Gnade (%áptc;) und die Benennungen des Heiligen Geistes (xò nveűpa xoő GeotJ der Geist Gottes, tó aytov Ttvcupa der Heilige Geist, xò nveupa der Geist) in enger Verbindung miteinander niemals verwendet. Während Gott und Christus häufig als Quelle beziehungsweise als Besitzer der %ápu; vorgestellt sind (besonders in den Segenswünschen am Anfang und am Ende der Briefe), kann man das vom Heiligen Geist nicht sagen. In den Paulusbriefen kommt kein einziges Mal der Ausdruck „die Gnade des Heiligen Geistes“ vor, und auch solche Formulierungen sind nicht zu finden, die die Gnade als vom Heiligen Geist stammend bezeichnen.’ Aus dieser Tatsache wäre aber voreilig darauf zu schließen, dass in der Theologie von Paulus keine Beziehung zwischen der Gnade und dem Heiligen 1 Vgl. zum Beispiel Ganoczy, A„ Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen. Grundriß der Gnadenlehre, Düsseldorf 1989. 269-275. 2 Vgl. zum Beispiel folgende Aussagen des Katechismus der Katholischen Kirche (KKK): „Die Gnade des Heiligen Geistes hat die Macht, uns zu rechtfertigen, das heißt von unseren Sünden reinzuwaschen (...)“ (KKK 1987). „Die Gnade des Heiligen Geistes schenkt uns die Gerechtigkeit Gottes“ (KKK 2017). •’ Diese Bemerkung ist sowohl für die Protopaulinen als auch für die Deuteropaulinen gültig. Im Aufsatz konzentriere ich jedenfalls nur auf die Briefe, die allgemein für authentisch gehalten werden.