Folia Theologica et Canonica 5. 27/19 (2016)
IUS CANONICUM - Goran Jovicic, Das päpstliche Gesandtschaftswesen während des Zweiten Vatikanischen Konzils
GORAN JOVICIC 110 In diesem Lichte ist auch die Stellung der päpstlichen Gesandten und der Dikasterien der Römischen Kurie zu betrachten. Die Bischöfe sind aufgrund der sakramentalen Begründung ihres Amtes (LG 18, 19, 20; c. 375 und c. 1008 CIC) eigentliche Hirten ihrer Diözesen unter der wichtigen Voraussetzung, dass sie in der Gemeinschaft mit dem Papst und dem Bischofskollegium stehen. Daher dürfe die ordentliche Vollmacht der Bischöfe durch keine andere Instanz verhindert werden (can. 269 CIC [1917]; can. 381 CIC) Es gibt jedoch Situationen, in denen sich die päpstlichen Gesandten oder die Dikasterien der Römischen Kurie als Vertretungsorgane des Papstes (can. 48 CCEO), der die volle, höchste, unmittelbare und universale Gewalt in der Kirche innehat, (LG 18, 20, 22, 23; OE 3; UR 2, CD 2) einschalten dürfen. In diesen Fällen sind sie an die Weisungen des Papstes bzw. Staatssekretariats gebunden, (can. 267 CIC [1917]; cann. 362-367 CIC; PB Art. 41,46) Im Hinblick auf die Vollmachten der Bischöfe haben die Konzilsväter in der Schlussversion des Bischofsdekrets „Christus Dominus" folgender Formulierung zugestimmt: „Bei der Ausübung der höchsten, vollen und unmittelbaren Gewalt über die Gesamtkirche bedient sich der Papst der Behörden der Römischen Kurie. Diese versehen folglich ihr Amt in seinem Namen und mit seiner Vollmacht zum Wohle der Kirchen und als Dienst, den sie den geweihten Hirten leisten.“ (CD 9). Erst bei der Schlussredaktion des Bischofsdekrets wurde dem Art. 9 ein Satz über die päpstlichen Gesandten eingefügt. Damit ist die rechtliche Stellung der Institution der päpstlichen Gesandten klarer definiert worden. Die Institution der päpstlichen Gesandten wird auf der gleichen Ebene wie die Römische Kurie als Vertretungsorgan des Papstes betrachtet. Sie tritt in Erscheinung mit der Autorität des Papstes, den sie repräsentiert, und leistet den Kirchen und Bischöfen einen wertvollen Dienst. Dieser Gedanke wurde während der 60. Generalversammlung (5.11.1963) von Kardinal Marella im Schema zum Ausdruck gebracht.'8 II. Die Frage der Notwendigkeit oder des Reformbedarfs der Institution der päpstlichen Gesandten Mit der Frage nach der Effektivität und Notwendigkeit des päpstlichen Gesandtschaftswesens und des Verhältnisses zwischen den Gesandten des Papstes und den Ortsbischöfen haben sich die Konzilsväter vor allem in der Erarbeitung des Dekrets über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche auseinanderge- 18 18 Vgl. AS II. 4, S. 436-437.