Folia Theologica et Canonica 3. 25/17 (2014)
SACRA THEOLOGIA - Imre Kocsis, Der Einfluss von Dan 7 auf die Johannes-Offenbarung
DER EINFLUSS VON DAN 7 AUF DIE JOHANNES-OFFENBARUNG 33 Wörtlicher Kontakt besteht lediglich in den Ausdrücken „Wolke” (vecpéA,r|; ètti xf]v VE(pé3.r|v - LXX: ènì xœv vecpeAxov) und „einer gleich dem Menschensohn” (opotoç oiòv ávGpcóítoo - LXX: cbç uiàç ávGpoímo'U). Das im alttesta- mentlichen Text vorkommende Verb fjpxexo (Theodotion: èp/ôpevoç rjv) wird durch das Partizip KaGrpevoç ersetzt. Der Kranz auf dem Haupt des Menschensohngleichen bezeichnet grundsätzlich den dem Sieger gebührenden Lohn, aber er zeigt zugleich auch die Herrscherposition. Deshalb drückt dieses Merkmal dasselbe aus, was in Dan 7,14 so formuliert wird: „Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben”. Das Adjektiv À.E'UKÔç und das Partizip Ka0f|- (IEVOÇ können mit Dan 7,9 in Zusammenhang gebracht werden. Dort handelt es sich allerdings um den Hochbetagten (Gott), der sich auf einen Thron setzte (ÉKáGrjXO), und dessen Haare so weiß waren wie Wolle (xò xpixcopta... cbaei ëptov Xeukov). Aber gerade dadurch bekommt die Beschreibung in Offb 14,14 besonderes Gewicht. Der auf weißer Wolke Sitzende gehört auf einmalige Weise zur Welt Gottes. Weil in 14,14 sich die gleiche Benennung findet als in 1,13 („einer gleich dem Menschensohn), könnte man sofort daran denken, dass es auch hier um den verherrlichten Christus handelt. Aber es ergibt sich eine Schwierigkeit, wenn man bedenkt, dass im Kontext, in dem das Endgericht angekündigt und eingeleitet wird, immer Engel die Protagonisten sind. In den folgenden Versen (VV. 15-16) gibt gerade ein Engel eine Aufforderung dem Menschensohngleichen, der dem bekommenen Befehl gemäß handelt. Wegen dieser Schwierigkeit identifizieren einige Exegeten den in VV. 14-16 vorgestellten Menschensohngleichen mit einer Engelgestalt.11 12 Andere Wissenschaftler halten diese Lösung - zu Recht - für unangemessen.13 Man sollte nämlich nicht unbeachtet lassen, dass der Menschensohngleiche im Zentrum der Gerichtsperikope (14,6-20) steht: vor ihm werden drei Engel erwähnt, nach ihm ebenso drei. Die Position der Engel wird durch die Verben „fliegen”, „aus- kommen”, „rufen” bezeichnet. Der Menschensohngleiche dagegen „sitzt”, das heißt in einer Herrscherposition erscheint.14 Die Tatsache, dass er von einem Engel einen Befehl bekommt, wird verständlich, wenn man bedenkt: Der Engel kommt aus dem Tempel, das heißt vom Gott heraus und vermittelt die Anord11 „Die Engel der Gemeinden” sind wahrscheinlich „die himmlischen Doppelgänger der Gemeinde”. Müller, U. B., Die Offenbarung des Johannes, 87. 12 Vgl. Kraft, H., Die Offenbarung des Johannes, 197. Aune, D. E„ Revelation 6-16 (WBC 52B), Nashville 1998. 801. Biguzzi, G., Apocalisse, Milano 2005. 283f. 13 Vgl. Müller, U. B., Die Offenbarung des Johannes, 270. Prigent, P., L’Apocalisse di S. Giovanni, 462. Schüssler Fiorenza, E., Das Buch der Offenbarung. Vision einer gerechten Welt, Stuttgart - Berlin - Köln 1991. 113. Giesen, H., Die Offenbarung des Johannes, 337. Holtz, T., Die Offenbarung des Johannes, 106f. 14 Diesbezüglich können wir auf lHen 69,27; Mt 19,28; 25,31 hinweisen: Der Menschensohn setzt sich auf den Thron seiner Herrlichkeit.