Folia Theologica et Canonica 3. 25/17 (2014)

IUS CANONICUM - Bronislaw W. Zubert, OFM, Unctio infirmorum pro infantibus?

144 BRONISLAW W. ZUBERT, OFM lung nahe, dass der subjektive Umfang dieser Norm relativ weit angelegt ist und dass er auch solche Personen mit einschließt, deren Kräfte es erlauben, die Kirche aufzusuchen28. Can. 1004 § 1, indem er den usus rationis verlangt, erwähnt die Kinder als Subjekt der Krankensalbung konsequent nicht. Dagegen das Dekret Promulga­to Codice samt den Variationes erwähnt sie aber ganz deutlich29. Eine Verwun­derung der Kanonisten, Seelsorger und der Eltern der betroffenen Kinder ruft allerdings die Passage hervor: „Auch Kinder können die heilige Salbung empfan­gen, wenn sie so weit zum Vemunftgebrauch gekommen sind, dass sie durch dieses Sakrament Stärkung erfahren können” (OUI, 12, 1 - Hervorhebung - B. Z.). Eine solche Auffassung ist schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, ak­zeptiert zu werden, weil sie das Kind wie eine Sache behandelt. Was bedeutet hier „Stärkung erfahren”? Ist einem Kind, das den Vernunftgebrauch noch nicht erlangt hat, die Erfahrung des Schmerzes und des Leids fremd? Lindert die ärztliche Hilfe oder die palliative Krankenpflege einen solchen Schmerz nicht? Wirkt sich die herzliche Zuwendung der Angehörigen auf die Kinder nicht positiv und lindernd aus? Solche Fragen könnte man ins Unendliche stel­len. Man könnte auch die Sache ad absurdum führen und die Frage stellen, weswegen man sich um solche Kinder überhaupt kümmern und Kinderkliniken gründen sollte, wenn weder die Mühe der Ärzte noch die der Psychologen „keine Stärkung” gewährleistet? Vom Standpunkt der Entwicklungspsycholo­gie aus wäre eine solche Meinung unhaltbar. Es scheint darüber hinaus, dass sich der hier analysierte Ausdruck zu der oben skizzierten Sakramentenlehre der Kirche im krassen Widerspruch befindet (etwa: die ganze Kirche empfehle „die Kranken dem leidenden und verherrlichten Herrn” (LG 11,2); „So wird er [der Kranke] instand gesetzt, das Übel der Krankheit tapfer zu ertragen, ja so­gar dagegen anzukämpfen und die Gesundheit wiederzuerlangen, wenn dies seinem geistlichen Heil dienlich ist”30. 28 Zu Recht bemerkt Power, D. N. (Das Sakrament der Krankensalbung. Offene Fragen, in ConcD 27 [1991] 155-159), indem er sich auf Gozellino, G. (U unzione degli infermi. Sacra­mento della vittoria sulla malattia, Torino 1976. 157-161) beruft, wenn das Sakrament der Krankensalbung nicht nur der Gesundung, sondern auch der Stärkung im Glauben und in Hoff­nung in Gott, der Überwindung der Angst vor dem Tod und der Versuchungen des Bösen dienen soll, dann sollte lediglich der physische Zustand des Kranken ein subjektbezogenes Kriterium der Spendung abgeben; man sollte aber auch den psychischen und geistlichen Gesundheits­zustand berücksichtigen. Der Empfang der Krankensalbung im Glauben und einer entsprechen­den Geistesverfassung bedingt dessen übernatürliche Wirksamkeit. Dies ist die Lehre der Kir­che, die die oben angeführte Passage aus dem Ordo belegt und die die Gläubigen dazu ermun­tert, sich nicht der unangemessenen Praxis zu ergeben, den Empfang dieses Sakramentes auf später zu verschieben. 29 S. oben, 1, Anm. 2.-,0 OUI, dt. Fassung, 1223.

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