Folia Theologica et Canonica 3. 25/17 (2014)
RECENSIONS
RECENSIONS 255 Kodalle, K.-M., Verzeihung denken, Wilhelm Fink Verlag, München 2013,pp. 487 Der Verfasser ist evangelischer Theologe und Philosoph. Seine Lehrtätigkeit begann er in Regensburg, wo er an der philosophischen Fakultät evangelische Theologie doziert hat (da die Unversität Regensburg keine eigene evangelische theologische Fakultät hatte. An der katholischen theologischen Fakultät dozierten dort damals (u.a.): Bruno Kleinheyer, Heinrich Groß, Franz Mußner, Wolfgang Nastainczyk, Norbert Schiffers - und Joseph Ratzinger. An der philosophischen Fakultät trat vor allem Franz Kutschera, der anerkannte Fachmann für Sprachphilosophie hervor. In diesem geistlichen Klima entstand die Schrift Kodalies: „Negativität der Versöhnung. Eine Kontroverse über Theodor W. Adorno” (1973), und hat damals Aufsehen erregt. Inzwischen wurde der Autor Professor für Philosophie an der Universität Jena. Auch für die ungarische Öffentlichkeit ist er nicht unbekannt: er hat als Präsident der Deutsch-Ungarischen Philosophischen Gesellschaft am 9-10. XI. 2007 einen Vortrag gehalten: „Fichte und Schelling - zwei gnadenlose Denker.” (Die Grundgedanken des Vortrags sind auch im „Verzeihung denken” wiederzufinden.) Nach Kodalle ist Verzeihung die geheime „Mitte des Ethos”. (10) Sie realisiert sich dadurch, daß die vergangenen Verfehlungen die Beziehung mit dem Anderen nicht gänzlich determinieren. Er ist der Überzeugung, daß die Verzeihung nicht notwendig einer konkreten moralischen Handlung entspricht. Nach ihm bezeichnet der Begriff der Verzeihung eher eine Grundhaltung des Menschen. Daher kann Kodalle auch keine abgeschlossene Theorie der Verzeihung bieten. Um jedoch der Problemgeschichte nachzugehen mobilisiert er ein imposantes Spektrum der Denkrichtungen, merkwürdigerweise mit Walter Benjamin und Hannah Arendt angefangen (31), referiert die großen Denker des XVIII. - XIX. Jahrhunderts (von Kant bis Nietzsche: 149-233). dann des Altertums - zugeschärft auf die Frage: ob jemand wissentlich Unrecht tut? (237-263) - Darauf folgt das Christentum (267-347) einschließlich der „Beichte ohne Priester” (347: Montaigne - Rousseau - Goethe - Wittgenstein - Camus). - In diesem Abschnitt muß man Kodalle recht geben: der Beichtvater des Kommandanten von Auschwitz sollte das Beichtgeheimniß respectieren, abgesehen von der Konzession des Beichtkindes. (343) Kodalle befasst sich auch mit der Erscheinung der Begnadigung im Rechtsstaat (375-386). Im Anhang läßt er die durch Schoah betroffene Denker zur Sprache kommen, und macht auf so verschiedene „Beziehungen” aufmerksam wie: Hans Jonas - Bultmann, und Jonas - Heidegger. (405) Am Schluß der Veröffentlichung steht eine Bibliographie (466-482) sowie ein Namensverzeichnis, dem man entnehmen kann, daß die am meisten zitierten Autoren Hannah Arendt, Martin Heidegger, Immanuel Kant, und vor allen Paul Ricoeur ist. Einige Rezensenten vermissen unter den Gesprächspartnern Kodalle’s Franz Rosenzweig und Hermann Cohen (Phil. Rundschau 61/2014/