Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Attila Puskás, Traditionsauslegung am Konzil von Trient
82 ATTILA PUSKÁS im Dekret Sacwsancta. Mit diesen beiden Dokumenten suchte es eine Antwort auf die erkenntnistheoretische Haltung der reformierten Theologie zu geben. II. Das Prinzip „sola scriptura” in Luthers Theologie Die erkenntnistheoretische Haltung reformierter Theologie wird in der Regel mit dem Leitspmch „sola scriptura”, der Ergänzung der anderen drei „sola“- Losungen der Rechtfertigung gekennzeichnet. Dem Prinzip „allein die Schrift“ nach ist die Heilige Schrift in der Hinsicht der Mitteilung des heilwirkenden Glaubens inhaltlich vollkommen, genügend, eindeutig, selbstdeutend und ist die einzige und oberste Autorität der Kirche.6 Da Sie inhaltlich vollkommen und genügend ist,7 d.h. das Heilswort Gottes, wodurch Gott handelt, gänzlich beinhaltet, ist die Kirche „creatura verbi“, empfängt sie Leben und Nahrang aus dem Hören des Wortes der Heiligen Schrift Gottes;8 andererseits bedarf es keiner Dogmen oder Beschlüsse der Kirche für das Heil, welche die Schrift nicht beinhaltet. Die Kirche hat keine Vollmacht bezüglich des für das Heil nötige Glaubens und sittlichen Verhaltens neue Glaubensartikel oder Gebote aufzustellen. Luthers Grundüberzeugung gemäß ist die Schrift selbstverständlich, legt sich selbst aus, sacra scriptura sui interpres,9 ihre Lehre klar und evident für den Leser. Ihre objektive Klarheit liegt darin, dass sie ihre entscheidende Botschaft der Rechtfertigung des Sünders aus Gnade, für Christus, durch den Glauben völlig klar verkündet. Christus und die Rechtfertigungslehre ist der Mittelpunkt der Schrift und dem Leser der hermeneutische Schlüssel der Interpretation schwerverständlicher Textstellen des Alten (Evangelium-Gesetz) und Neuen Testaments. Einzelne Worte der Schrift bedeuten nicht in sich das Wort Gottes, sondern erst gelesen in der Hinsicht auf Christus, Gottes persönliches Wort und die Rechtfertigung. Der äußeren, objektiven Evidenz gesellt sich eine innere, subjektive Evidenz, eine Klarheit im Herzen des Menschen angefeuert vom Geist Gottes, um das Wort Gottes mit Glauben lesen und verstehen zu können.10 11 Dank dieser doppelten Evidenz vermag der Glaubende das Wort Gottes vom bloß menschlichen Wort zu unterscheiden und bedarf keines anderen Maßes oder Amtes für ein Urteil über Irr-/Lehren.n Da die 6 Schütte, H., Protestantismus. Selbstverständnis, Ursprung, Katholische Besinnung, Paderborn 1967. 358. Bei der Darstellung der lutherschen Auffassung beziehen wir uns vor allem auf dieses Werk von Schütte. 7 WA 7,453,1. 8 WA 6, 560, 33; 4, 189, 22 und 34. Anders formuliert: „Tota vita et substantia ecclesiae est in verbo Dei.” WA 7, 721. 9 WA 7,95. 10 WA 18, 608-609. Schütte, H., Protestantismus. Selbstverständnis, Ursprung, Katholische Besinnung, 359. 11 WA 5,407, 35.